Full text: Gesetzsammlung für das Fürstenthum Reuß Älterer Linie. 1868. (17)

445 
V. Freilassung und Verhaftung des Angeschuldigten. 
Art. 205. Bei der Entscheidung, daß der Angeschuldigte nicht in den Anklage- 
stand zu versetzen sei (Art. 198), ist derselbe, wenn er in Untersuchungshaft ist, sofort 
bei Bekanntmachung der Entscheidung der Haft zu enklassen; es sei denn, daß die Staats- 
anwaltschaft ein Rechtsmittel eingewendet hat (Art. 206), oder ein anderer Grund zur 
Verhaftung vorhanden ist. 
Ist dagegen ein Verweisungsbeschluß ertheilt worden, und der Angeschuldigte ist 
noch nicht verhaftet, so ist er sofort bei dessen Eröffnung in Haft zu nehmen, wenn er 
vor das Geschwornengericht verwiesen ist. 
Es kann jedoch, auch wenn der Angeschuldigte vor das Griichwornengerich verwiesen 
ist, von dessen Verhaftung Abstand genommen, bezüglich eine in der Voruntersuchung 
verhängte Haft wieder aufgehoben werden, wenn nach der Beschaffenheit des Verbrechens 
oder aus sonstigen Gründen anzunchmen ist, daß im Falle der Verurtheilung nur auf 
Gefängniß oder eine die Dauer von vier Jahren nicht übersteigende Arbeitshausstrafe 
zu erkennen sein wird und die Abwendung oder Beseitigung der Haft auch sonst unbe- 
denklich erscheint. 
Die Freilassung des Angeschuldigten kann auch in diesem Falle von einer nach Maß- 
habe des Art. 140 zu beslellenden Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. 
Die Vorschriften über die Anwendung der Haft durch Sicherheitsstellung (Art. 140 f.) 
und über das sichere Geleit (Art. 115 ff.) bleiben hier vorbehalten. · 
Auch gegen einen freigelassenen Angeschuldigten kann jedoch die Verhaftung später 
noch verhängt werden, wenn die im Art. 131 Ziffer 1 und 2 angeführten Gründe nen 
hervortreten. 
Die Verfügung wegen Verhaftung oder Freilassung des Angeschuldigten wird nach 
Gehör des Staatsamwalts von dem Untersuchungsrichter getroffen, sowohl wenn die Haupt- 
verhandlung vor das Kreisgericht, als wenn sie vor das Geschwornengericht verwiesen ist. 
Gegen die Verfügung des Untersuchungsrichters steht dem Staatsanwalt und dem An- 
Veschuldigten ein Rekurs an das Kreisgericht und beiden von des Letteren Enischeidung 
ein Rekurs an die Anklagekammer des Appellationsgerichts zu. 
Verhaftete, welche vor das Geschwornengericht verwiesen sind, sollen au den Ort, 
wo das Geschwornengericht gehalten wird, zeilig abgeführt werden, jedoch nicht vor Ab- 
lauf der im Art. 206 gedachten Nothfrist und, wenn sie gegen den Verweisungsbeschluß. 
ein Rechtsmittel eingelegt haben, nicht vor dessen Erledigung. 
Uebrigens ist auch der Präsident des Gerichtshofo ermächtigt, bei oder nach In- 
sinnation der Ladung zur Hauplverhandlung den bisher von der Hast befreiten Angeschul- 
digten verhasten zu lassen, wenn er dieses, um die persönliche Anwesenheit des Ange- 
schuldigten in der Hauptverhandlung zu sichern, für nothwendig erachtet. 
68•
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.