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welchen sie die Vollständigkeit eines Beweises abhängig machen sollen. Es
schreibt ihnen aber vor, mit Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt zu prüfen, welchen
Eindruck die wider den Angeklagten vorgebrachten Beweise und die Gründe
seiner Vertheidigung auf ihre Urtheilskraft gemacht haben.
Das Geseh sagt ihnen nicht: ihr müsset jede Thatsache aa-, wahr halten, die von
dieser oder jener Zahl von Zeugen bekundet wird. Es sagt ihnen eben so
wenig: ihr dürft nicht einen Beweis als hinreichend geführt ansehen, der nicht
auf diesen oder jenen Urkunden, auf so und so viel Zeugen oder Anzeigen
beruht. Es richtet an sie die einzige Frage: seid ihr durch die vorgelegten
Beweise vollkommen überzeugt, daß der Angeklagte des Verbrechens, welches
man ihm zur Last legt, schuldig sei oder nicht.
Die Verathung und der Ausspruch der Geschwornen muß sich auf die ihnen vom
Präsidenten vorgelegten Fragen beschränker
Ihre Ansicht über die Zweckmäßigkeit oder Rechtmäßigkeit des Strafgesetzes darf
auf ihren Ausspruch keinen Einfluß haben. Nicht sie, sondern die Richter sind
berufen, die gefsetzlichen Folgen usprchen, welche den Angeklagten wegen
der ihm zur Last fallenden That treffen. Die Geschwornen haben daher ihren
Ausspruch ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Folgen desselben zu fällen.
Der Obmann hat ferner den Geschwornen noch die folgenden Art. 291, 292, 293
vorzulesen.
Die Instruklion und die letzttgedachten Artikel sollen in dem Berathungszimmer der
Geschwornen in mehreren Exemplaren angeschlagen sein.
Art. 290. Das Berathungozimmer wird nach Anordnung des Präsidenten bewacht.
Kein Geschworner darf dasselbe ohne schriftliche Erlaubniß des Präsidenten verlassen.
Im Uebertretungsfalle erkennt der Gerichtshof auf eine Geldbuße bis zu fünfzig Thalern,
ohne daß ein Rechtsmittel dagegen zulässig ist. Kann ein Geschworner der Verathung
nicht bis zu Ende beiwohnen, so läßt ihn der Präsident auf erhaltene Anzeige durch
einen Ersatzgeschwornen (Art. 280) ersetzen.
Niemand außer den Geschwornen darf das Berathungozimmer betreten bei vier und
zwanzigstündiger Gefängnißstrafe, welche der Gerichtshof erkennt, mit Ausschluß aller
Rechtsmittel. Nur dem Präsidenten ist auf schriftliches Erfordern des Obmannes der Zu-
tritt gestattet, um den Geschwornen über den Sinn und die Bedentung der ihnen gestell-
ten Fragen Aufklärung zu geben. Zur Abstimmung der Geschwornen darf aber bei Strafe
der Nichtigkeit nicht eher geschritten werden, als bis der Präsident das Zimmer wieder
verlassen hat.
(rt. 291. Die Geschwornen stimmen nach gehaltener Berathung über jede Frage
mündlich mit Ja oder Nein ab.