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Art. 166. Ist das Gutachten der Sachverständigen mangelhaft, dunkel, unvoll-
ständig, unbestimmt, sich widersprechend oder unschlüssig, so sind die Sachverständigen von
dem Untersuchungsrichter noch einmal zu vernehmen, und wenn sich hierdurch der An-
stand nicht hebt, andere Sachverständige beiznziehen.
Sind Sachverständige nur verschiedener gutachtlicher Meinung, so hat der Unter-
suchungsrichter einen weiteren Sachverständigen beizuziehen, und wenn die Sachversiän-
digen Aerzte oder Chemiker sind, das Gutachten einei höheren Medizinal- Behörde oder
einem sonstigen Kollegium von Sachverständigen, nach Befinden auch einzeluen in beson-
derem Rufe stehenden Sachverständigen vorzulegen und deren weitere Begutachtung zu
veranlassen.
I. Verfahren bei Tödtungen und Körperverletzungen insbesondere.
Art. 167. Liegt bei einem Todesfalle Verdacht vor, daß er durch ein Verbrichen
verursacht worden sei, so ist vor der Beerdigung eine Leichenschau und Leichenöffnung
vorzunehmen. War die Lelche bereits beerdigl so ist sie zu diesem Behufe wieder aus-
zugraben, sofern nach den Umständen noch ein erhebliches Ergebniß davon erwartet wer-
den kann und nicht die Rücksicht auf die Gesundheit der dabei Theil nehmenden Perse-
nen die Vornahme der fraglichen Handlungen widerräth.
Art. 168. Ebe zur Oeffnung der Leiche geschritten wird, ist dieselbe solchen Per-
sonen, welche den Verstorbenen gekannt haben, und wenn ein Verdächtiger bereits in
Untersuchung gezogen ist, auch diesem zur Anerkennung vorzuzeigen.
ßennt. Nlemand den Verstorbenen, so ist eine genaue Beschreibung desselben zu den
Akten zu bringen und in öffentlichen Blättern bekannt zu machen.
Art. 169. Die Leichenschau und die Leichenöffnung wird von dem Untersuchungs-
richter und dem Prokokoll- Führer, auch dem Staatoanwalte, wenn dieser zugegen sein
will, durch den gerichtlichen Arzt und Wundarzt vorgenommen, so daß dem Arzie vor-
zugsweise die Leitung der dem Wundarzte zukommenden Ausführung zusteht.
Ist der Verstorbene in der seinem Tode vorhergegangenen Krankheit von einem
anderen Arzte oder Wundarzle behandelt worden, so ist auch dieser, sofern es ohne Ver-
zögerung geschehen kann, zur Gegenwart bei der Leichenschau und Ceichenöffnung auf-
zufordern.
Art. 170. Bei der Leichenschau hat der Untersuchungsrichter darauf zu sehen,
daß die Lage und Veschaffenheit des Leichnams und alles, was nach den Umständen
auf die Untersuchung von Einsluß sein kann, sorofälllg beachtet werde. Insbesondere
sind die vorgesundenen Wunden und andere äuhere Spuren erlittener Gewalsthäligkeiten
nach ihrer Zahl und Beschaffenheit, mit Bemerkung der Mitel und Werkzeuge, durch
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