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werden, so ist die Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit zu führen und eine endliche
Entscheidung zu erlheilen; es sei denn, daß das Gericht die persönliche Gegenwart des
Angeklagten zur Ermittelung der Wahlheit für erforderlich erachtet, welchen Falles dle
Verkagung der Hauptverhandlung und wegen der etwaigen Verhaftung des Angeklagten
das Geeignete zu beschließen ist.
Art. 220. Erscheint ein vorgeladener Vertheidiger des Angeklagten nicht, so geht
die Hauptverhandlung dennoch vor sich, jedoch bei Geschwornengerichts-Fällen nur dann,
wenn der Vertheidiger einen Stellvertreter besiellt hat und dieser erscheint, oder sonst ein
anderer Vertheidiger noch sofort erlangt werden kann; außerdem wird die Hauptwer=
handlung vertagk.
Der ausgebliebene Verthetdiger ist, sofern er von richterlichen Amtswegen, oder auf
Antrag bestellt war, oder sonst die Vertheidigung übernommen hatte, in eine Geldstrafe
von 1 bis 20 Thalern und in die Kosten der vergeblich angesetzten Verhandlung zu
verurtheilen.
Art. 221. Wenn bei der Hauptverhandlung kein Mitglied der Staatsanwalt=
schaft erscheint, so ist die Verhandlung stets zu vertagen. Erscheint dagegen der vorge-
ladene Privat-Ankläger nicht, so wird dieses als eln Verzicht auf die Anklage angesehen.
Art. 222. Wenn Zeugen und Sachverständige bei der Hauptverhandlung nicht
erscheinen, auch nicht mittelst Vorführungsbefehles sofort herbeigeschafft werden können, so
entscheidet das Gericht nach Gehör des Staatsanwaltes und des Angeklagten und seines
Vertheidigers, ob die Hauptverhandlung zu vertagen, oder mit derselben vorzuschreiten,
und statt mündlicher Abhörung die in der Voruntersuchung enthaltenen Aussagen und
Angaben der Zeugen und Sachverständigen vorzulesen seien.
Art. 223. Die nach Art. 216 gehörig vorgeladenen, aber ausgebliebenen Zeugen
und Sachverständigen sind in eine Geldstrafe bis zu fünfzig Thalern oder in eine Ge-
fängnißstrafe bis zu dreißig Tagen zu verurtheilen; auch haben sie, wenn die Haupt-
verhandlung verkagt worden ist, die Kosten der vergeblich angesept gewesenen Verhand-
lung zu übernehmen.
Art. 224. Ist dle Haupwerhandlung vertagt worden und ütchen den Zeugen und
Sachverständigen nicht die in dem Art. 226 gedachten Entschuldigungen zur Seite, so
hat das Gericht dafür zu sorgen, daß sic zu der anderweit angesetzten Hauptverhandlung
vor Gericht geführt werden.
Haben sie sich dieser Vorführung durch Verhein#lichung oder Entfernung absichtlich
entzogen, so treten die im vorigen Artikel geordneten Nachtheile ein, und es ist außer-
dem noch ein Verhaftsbefehl gegen sie zu erlassen, erst nach ihrer Verhaftung eine wei-