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8. 5.
Rückfälle der in §. 1. 2. und 3. bedrohten Uebertretungen werden nach Art. 16
des Strafgesetzbuchs mit erhöhter Strafe belegt.
Liegt aber ein dritter oder weiterer Rückfall vor und kann in Folge der schon be-
straften, oder noch zu bestrafenden Uebertretungen angenommen werden, daß die Begeh-
ung von solchen dem Angeschuldigten zur tief eingewurzelten und durch die gewöhnlichen
Rückfallsstrafen nicht bezwinglichen Gewohnheit geworden ist, so sollen die bezeichneten
Delicte als Vergehen (Art. 2 Ziff. II. der Strafprozeß. Ordnung) verfolgt und mit Straf-
arbeitshaus von 2 Monaten bis zu einem Jahre bestraft werden.
Die Kompetenz zur Untersuchung und Bestrafung der in §. 1—5. bezeichneten
Uebertretungen stehet den Einzelrichtern zu. Gegen die Entscheidung derselben findet
der gewöhnliche Instanzenzug nach Maßgabe der Strafprozeßordnung Statt.
8. 6.
Gemeinschädliche und zugleich in ihrem sittlichen Lebenswandel tief gesunkene Sub-
jecte können auf ein bis vier Jahre einem Besserungsverfahren unterworfen und zu ihrer
polizeilichen Verwahrung und Beschäftigung im Landarbeltshaufe untergebracht werden.
Namentlich eignen sich zu einer solchen Einlieferung:
1) Personen, welche sich der Völlerei oder Sittenlosigkeit in hohem Grade ergeben
und dadurch wiederholt öffentliches Aergerniß erregt haben.
Personen, welche nach ihren Körperkräften das zu ihrem Lebensunterhalt Nöthige
erwerben könnten, aber wegen Müßiggangs nichts erwerben, oder wegen unor-
dentlichen Betragens keine Gelegenheit zum Erwerbe finden und dadurch der
Gemeinde, oder den öffentlichen Kassen zur Last fallen.
Personen, welche bei einem liederlichen oder lasterhaften Lebenswandel ihr eige-
nes Vermögen oder das Vermögen ihrer Frauen, bezüglich Kinder vergeuden zum
Nachtheil von Personen, deren Erhaltung ihnen obliegt, oder von denen sie er-
halten werden müssen, oder zur Gefährdung der Gemeinde und anderer öffent-
licher Kassen.
Bei den Personen unter 1 bis 3 hat vorerst eine mindestens zweimalige, in den
Städten durch die Gemeindevorstände, auf dem platten Lande aber durch die Landräthe
vorzunehmende Verwarnung zu Protocoll einzutreten.
8. 7.
Der Einlieferung in das Landarbeitshaus muß ein Antrag des betreffenden Orts-
vorstands an das Landrathsamt vorausgehen mit Beifügung aller den Antrag unter-
stützenden actenmäßigen oder sonstigen Nachrichten.
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