Full text: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Verträgen. 255 
8. 271. Wer die Erfüllung eines Vertrages fordert, muß nachweisen, daß er 
demselben von seiner Seite ein Genüge geleistet habe, oder warum er dazu erst in der 
Folge verbunden sei 27). 
vom 390. Juni 1852 (Entsch. Bd. XXIII„ S. 173). — Eine andere Bedeutung hat der Sag nicht. 
Nicht glücklich getrofsen ist er als Beweis für die Behauptung, daß ein Promissar aus dem Ver- 
sprechen lediglich zum Vortheile eines Dritten auf Ersüllung klagen könne, wenn er auch kein beson- 
deres N edabei habe. Cutsch. des Obertr. Bd. X1II1, S. 153. Vergl. oben die Anm. 68, 
z. 74 d. T. 
(5. A.) Jede Obligation, wenn sie in bedungener Weise nicht zur Ersüllung gelangen kann, löst 
sich durch Aestimation der Leistung in eine Geldobligation auf. Aus dem Umstaude, daß bei nicht 
zu erzwingender vertragsmäßiger Leistung der Geldwerth an deren Stelle tritt, solgt, daß derjeuige 
Werth in Betracht gezogen werden muß, den die Leistung zu der Zeit hatte, zu welcher sie nach 
dem Vertrage hätte geleistet werden sollen. Die unterbliebene Leistung auch in dieser Gestalt kann 
zwar die durch Verzug ensstehenden Verpflichtungen dem Schuldner auflegen, auch, weun durch be- 
fondere, ihm zur Last zu legeude Umstände dem Gläubiger noch ein besonderer Schade durch die 
Nichterfüllung entstanden ist, den Schudner zum Ersatze desselben verbindlich machen, aber die 
Abschätzung der vertragsmäßigen Leistung selbst kann dadurch nicht veräudert werden, muß viel- 
mehr nach dem Zeitpunkic, wo selbige nach dem Vertrage hätte geschehen müssen, vorgenommen wer- 
den. Umen, Anm. 37, Abs. 2 zu §S. 286 d. T. und Erk. des Obertr. vom 17. September 1867 
(Arch. f. Rechtsf. Bd. LXVIII, S. 159). 
Wegen der Ersüllung der Lieserungs= und f. g. Differenzgeschäfte: oben, Aum. 6 zu Tit. 4, 
und unten, Anm. 37 zu H. 286 d. T. 
29) Vergl. §. 232. Die Meinungen sind sowohl über die Bedeutung des hierdurch gegebenen 
Rechtsmittels (exceptio nondum impleti contractus), als auch über die Lwendung desselben und 
über die Wirkung uneins. 
I. In ersterer Hinsicht streitet man darüber: ob es ad fundandam intentionem gehöre, die Er- 
füllung von Seiten des. Klägers zu behaupten oder anzubicien, oder ob dieser Umstand ganz mit Still- 
schweigen übergangen werden könne, die Klage schlechnneg und an sich durch den Vertrag begründet 
werde und der Mangel der Erfüllung nur eine Exception begründe. Die Frage ist auch unter den 
gemeinrechtlichen Schriftstellern streitig, und es scheint, als habe man den Streit durch diese Bestim- 
mung erledigen wollen. Nach R. R. ist die Sache einsach dic, daß der Vertrag auf jeder Seite eine 
unbedingte Forderung begründet, welche mit der actio directa geltend gemacht werden kann, jedoch 
eine Forderung, zu welcher sich der Schuldner nur mit Rücksicht auf die Gegenforderung verbindlich 
gemacht dat. Dieser Umstand giebt dem Schuldner die exceptio doll gegen die Klage desienigen, wel- 
cher die Kontraktsklage zur Eintreibung seiner Forderung mißbranuchen will, ohne selbst seine Schuldig= 
leit zu thun. Diese eceptio doli wird bei Käufen, aus welchen auf Bezahlung des Preises ohne 
Uebergabe der Sache geklagt wird, exc. mercis non traditae genannt, L. 25 D. de sSct. emt (XIX. 1); 
L. 4, S. 5 D. de doli mali exc. (XIV. 4); die Neueren nennen sie allgemein exc. non adimplei! 
contractus, fassen aber Kobemdet das Rechteverhältniß anders auf, wozu sie dadurch verleitet wor- 
den sind, daß bei dieser Exception der Beklagte im praktischen Endresultate nicht die Beweislast, son- 
dern nur bestimmt zu leugnen hat, daß der Kläger seinerseits erfüllt habe, obwohl das juristische Be- 
gründungselemenk der Exception keincswegs diese Negative, sondern die selbstständige Behauptung ist, 
daß der Kläger selbst Schuldner aus dem Vertrage geworden sei, mithin dolose handle, indem er ihn 
zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit anhalten wolle. Nach ihrer Auffassung behaupten diese Juristen 
denn, daß der Kläger zur Begründung seiner Klage die Erfüllung seinerseits behaupten, oder wenig- 
stens seine Bereitwilligkeit zur Erfüllung in der Klage ausdrücklich zu erkennen geben müsse. 
Glück IV, S. 290 und v. A. Qui ex contractu bllaterali ad lmplementum agit, eum primum 
ostendere oportel, se ex sun parte legem contractus servsse, sI quidem talis lex contractus, 
quae vel primum, vel eodem tempore actorem ad prsestandum quid adigat, heißt es bei Müller, 
Promptnar., voco implem. No. 2. Bergleicht mau damit den §. 271, so ist kein Zweifel, daß die 
Verfasser sich dieser Lehre angeschlossen daben. Nach derselben muß in der Klage ausdrücklich die Er- 
füllung als geschehen oder vergeblich augeboren behaupiet und in diesem Falle noch angeboten werden. 
Damit stimmt auch die Praxis überein. (4. A. Das Obertrr. hat z. BV. in einem Erk. v. 26. April 
1863 [(Archiv f. Rechtsf. Bd. IX., S. 147) angenommen, daß zur Begründung der Klage des Käufers 
einer deweglichen, zu einer bestimmten Zeit und gegen baare Zahlung abzunehmenden Sache auf Er- 
füllung des Bertrages die mit Beweiomineln unterstützte Behauptung, daß er zur bestimmten Zeit 
unter Anbietung des Kaufgeldes zur Abuahme der Sache sich gemeldet habe, erforderlich sei. Vergl. 
unten 85. 229 u. 230, Tit. 11 und die Anm. 71 dazu.) Der Beklagte darf aber, wenn er von 
der s. g. exceptio nondum impleti contractts Gebrauch machen will, sich keincsweges auf ein un- 
bestimmtes allgemeines Leugnen beschränken, wenn der Kläger schon etwas vorgeleistet hat, sondern 
er muß bestimmt den Punkt angeben, welcher noch unerfüllt sei, weil sonst der Kläger nicht ent- 
sprechenden Beweis führen kann. Unterläßt der Beklagte dies, so beantwortet er die Klage nicht voll-
	        
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