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den Kongreß nebst Ausstellung wurde eine Nieder-
ländische Kommission eingesetzt, welche eine Beteiligung
der Niederlande vorbereitet, während für die gleichfalls
im Jahre 1914 in London abzuhaltende Kantschuk-
ausstellung von einer Amsterdamer Kommission eine
Beteiligung des Amsterdamer Marktes sichergestellt ist.
(Bericht des Kaiserl. Generalkonsulats
in Amsterdam.
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten.
Das Wirtschaftsgebiet der Kano-Eisenbahn
in Uord-Migerien.
Bericht des landwirtschaftlichen Sachverständigen
Ior. Wolff.
(Mit 11 Abbildungen und 1 Kartenfskizze.)
Wirtschaftliche Verhältnisse und Kulturmaß-
nahmen in Nord-Nigerien.")
Die ungeahnte und * Entwicklung,
welche der Handelsverkehr auf der Kano- Eisenbahn in
dem englischen Proteltorat Nordnigerien seit ihrer vor
ungefähr 1½ Jahren erfolgten Fertigstellung genommen
hat, lenkt die Aufmerksamkeit aller Kolonialkreise, ins-
besondere diejenige der Nachbarkolonien, auf dieses
Kulturwerk. Ist es doch die beste Gelegenheit, ein
lrteil zu gewinnen über die Entwicklungsmöglichkeiten
von Gebieten mit ähnlichen Wirtschaftsverhältnissen.
Es liegt besonders nahe, Vergleiche anzustellen mit
dem Adamaua unserer Kolonie Kamernn, dessen po-
litische Entwicklung mit derjeuigen der mohammeda-
nischen Staaten Nordnigeriens zusammenhängt, dessen
Bevölkerung in seinen Haussas und Fulbes mit der-
jenigen Nordnigeriens, des Sitzes des religiösen und
früher auch politischen Oberherrschers aller Mohamme-
daner dieses Teils des Sudaus, noch jetzt in lebendigen
Heziehungen. sowohl des Handels als auch privater
Natur durch Heiraten zwischen den Fulbe-Großen steht,
und dessen wirtschaftliche Verhältnisse, dank ähnlicher
Klima= und Bodenbedingungen und dank der nicht sehr
abweichenden Lage zum Weltmarkt, sehr viel Uberein-
stimmendes mit denjenigen des englischen Protektorats
haben.
Als Kano-Eisenbahn bezeichnet der Engländer die
von Baro am Niger ausgehende, über Minna, Zaria
nach Kano führende Bahn, wo sie in diesem alten
Zeutrum des Sudanhandels ihr jetnziges Ende gefunden
bat. Das Bahnprojekt verdankt seine Entstehung der
Initiative des ersten Gouverneurs des im Jahre 1900
von der „Niger-Compagnie“ durch die englische Re-
gierung übernommenen Protektorats Nordnigerien, des
Sir Frederick Lugard, welcher jetzt, nach mehrjähriger
Tätigkeit in Ostasien, die Regierung beider Nigerien
in seiner Hand vereinigt. Sein Plan war, unter Aus-
nutzung der Schiffbarkeit des Niger, ungbhängig von
dem vorgelagerten Südnigerien, sein Wirkungsgebiet
Roröuigerien zu erschließen, indem er von dem Grenz-
punkt guten und während des ganzen Jahres
möglichen Schiffbarkeit des Flusses die Bahn in die
wirtschaftlich wichtigsten Zentren vortrieb. Es war
seinerzeit allerdings unmöglich zu übersehen, wie groß
die Entwicklung des Eingeborenen-Handels und der
Produktion sein würde. Daher wurden bei der der-
zeitigen Notwendigkeit des Bahnbaues in erster Linie
*
5
) Diejenigen Teile des Berichts, die sich ein-
gehender mit dem Baumwollbau beschäftigen, sind
in der soeben erschienenen amtlichen Denkschrift des
Reichs-Kolonialamts veröffentlicht.
militärische Rücksichten ins Treffen geführt, die bei den
damaligen Unruhen in den mohammedanischen Emiraten
von besonderem Einflusse waren. Erwägungen wirt-
schaftlicher Art kamen erst in zweiter Linie. Nur all-
gemeine Bemerkungen über die Ableitung des durch
die Wüste nach der Mittelmeerküste gehenden Handels
an die Westküste Afrikas, die Entwicklung der vorhan-
denen Baumwollproduktion, des Erdnußbaues, die Aus-
nutzung des Viehreichtums des Graslandes, konnten
geboten werden, um dem englischen Parlament dieses
Bahnprojekt annehmbar erscheinen zu lassen. Es wurde
angenommen und die Bahn in sehr kurzer Zeit zu dem
unglaublich billigen Preise von 3000 K für die englische
Meile gebaut. Allerdings mit Heranziehung der Ver-
waltungszgentralen, welche für regelmäßige Arbeiter-
gestellung aus den betreffenden Distrikten gegen einen
täglichen Lohn von 6 d einschl. Verpflegung, für Ab-
lösung und Beaufsichtigung in weitestgehendem Maße
zu sorgen hatten. Außerordentliche Sparsamkeit bei
der Verwendung europäischer Banbeamten und Schacht-
meister tat das übrige, um den Bau so billig zu ge-
stalten. Allerdings läßt die Beschaffenheit des Bahn-
fürpers zu wünschen übrig, was besonders bei der
tarken Inanspruchnahme durch den jetzigen starken
karsen- fühlbar wird.
Unabhängig von diesem Bahnbau wurde die
Lagos-Eisenbahn hergestellt, welche, von Lagos
ausgehend, die reichen lpalmengebiete der West-
provinz Südnigeriens erschließen sollte. Durch ihren
Weiterban über den Niger bei Jebba hinaus und
über die jetzige Verwallungsgentrale Nordnigeriens.
in Zungera, nach Minna Ende 1911 erreicht
wurde, stellte sie die direkte Eisenbahnverbindung Kanos
mit der Küste her. Beabsichtigt war das wohl vorher
nicht, da die Kauobahn, wie oben schon gesagt, auf der
Schiffbarkeit des Niger basierte. Die letztere wird
auch stets eine starke Konkurreutin der Lagos-Eisenbahn
bleiben, wenn auch die Bahnverwallung durch das
größte Entgegenkommen bei der Festsetzung der Frachten
den Verkehr so weit wie möglich nach Lagos zu ziehen
bestrebt ist. Die außerordentlich hohen Aufwendungen,
welche mit dem schon seit ungefähr vier Jahren be-
triebenen Ausbau des Lagos-Hafens und dem seit dieser
Zeit begonnenen Molenbau, zur Sicherung der Hafen-
einfahrt gegen die berüchtigte Barrenbildung, gemacht
werden, zwingen dazu, den Handel soweit wie möglich
an diesen Platz zu konzentrieren. Dagegen werden
die an der Schiffbarkeit des Niger interessierten Firmen,
insbesondere die Niger-Compagnie, stets den heftigsten
Kampf führen, um dem Handel über den Niger seine
Bedeutung zu wahren, wozu die letztere Gesellschaft
vor allen Dingen geeignet ist, da sie über einen aus-
gedehnten Park von Transportschiffen verfügt und ihr
daher die Beförderung stets billiger zu stehen kommt.
als die Eisenbahn sie bieten kann.
Als ein Ausfluß dieses Kampfes erscheint die in
letzter Zeit einsetzende Agitation der Handelskamme
in Lagos für den Bau einer Zweighahn in der Rich 6
tung auf Baro etwa, um den dortigen Handel des