Metadata: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts.

980 Zweiter Teil. Viertes Buch. $ 226. 
die Möglichkeit einer Doppelbesteuerung gegeben; der Reichs- 
angehörige kann derselben aber dadurch entgehen, daß er seine 
Staatsangehörigkeiten bis auf eine einzige aufgibt. Grundbesitz, 
Gewerbe und das aus denselben herrührende Einkommen darf nur 
von demjenigen Staate besteuert werden, in welchem der Grund- 
besitz liegt oder das Gewerbe betrieben wird, staatliche Gehalte, 
Pensionen und Wartegelder nur von demjenigen Staate, welcher 
die Zahlung zu leisten hat. Angehörige außerdeutscher Staaten, 
welche ihren Wohnsitz im Reiche haben, oder Reichsangehörige, 
welche im Ausland wohnen, können auch jetzt noch einer Doppel- 
besteuerung unterliegen. 
Juristische Personen, namentlich Erwerbsgesell- 
schaften (Aktiengesellschaften, Gewerkschaften, Genossenschaften 
usw.) sind, sofern sie Grundbesitz haben oder Gewerbe betreiben, 
überall verpflichtet, Grund- und Gewerbesteuern zu entrichten. 
In den meisten Staaten werden sie aber außerdem auch zur Zahlung 
von Einkommensteuern herangezogen. Für die Reichsbank und 
ihre Zweiganstalten ist eine derartige Besteuerung reichsgesetzlich 
ausgeschlossen ?. 
In älterer Zeit stand den privilegierten Ständen, namentlich 
dem grundbesitzenden Adel (der Ritterschaft) eine ausgedehnte 
Steuerfreiheit, d.h. Freiheit von der damals allein erhobenen 
Grundsteuer zu. Die Ritterschaft wußte ihre Stellung auf den 
Landtagen zu benutzen, um ihre Steuerfreiheit auch dann zu be- 
wahren, als infolge der veränderten Heeresverfassung die persön- 
lichen Lehnsdienste weggefallen waren, In einzelnen Territorien 
gelang es allerdings, an Stelle derselben Geldzahlungen, sogenannte 
Lehnspferdsgelder, aufzuerlegen, welche aber meistens nicht im 
Verhältnis zum Wert oder Einkommen des Grundbesitzes standen. 
Die Steuerfreiheit verband sich allmählich in der Weise mit Grund 
und Boden, daß sie aus einer persönlichen Befreiung der Ritter- 
schaft zu einem Realvorrecht der Rittergüter wurde. Durch die 
Steuergesetzgebung des neunzehnten Jahrhunderts sind die Steuer- 
freibeiten des Grundbesitzes überall beseitigt worden, in einzelnen 
Staaten, aber keineswegs in allen, gegen Gewährung einer ent- 
sprechenden Entschädigung. Eine Befreiung von der Grundsteuer 
kommt jetzt, abgesehen von den Grundstücken des Staates, nur 
noch denen der Kirchen, Schulen, milden Stiftungen und den zu 
öffentlichem Gebrauche bestimmten Grundstücken, mitunter auch 
denen der Standesherren zu. Das Domanialvermögen (Kammergut) 
ist da, wo es den Charakter eines Fideikommißgutes der regierenden 
Familie besitzt, grundsätzlich der Steuerpflicht unterworfen; es 
wird jedoch vielfach so lange frei gelassen, als es einen Beitrag 
zu den Staatslasten leistet oder die fürstliche Familie die Re- 
gierung des Landes fthrt. Von der Zahlung der Einkommen- 
steuer sind landesgesetzlich in der Regel der Landesherr und 
? Reichsbankgesetz vom 14. März 1875 $ 21.
	        
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