Full text: Der Bundesrat als Rechtspflegeorgan des Reiches.

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flikt zwischen Staaten entstehen könnte, hinsichtlich dessen 
die Kompetenz des Bundesgerichts ernstlich und mit Nach- 
druck bestritten werden würde“. 
Bei Streitigkeiten zwischen der Union selbst und einen 
Einzelstaat ist die Kompetenz des Bundesgerichts nur dann 
nicht gegeben, wenn die Vereinigten Staaten ihre Zu- 
stimmung dazu nicht gegeben hätten?°). 
Ähnlich hat auch die Schweiz zur Wahrung des inneren 
Friedens ihre Verfassungsbestimmungen getroffen. Der 
Artikel 14 der Verfassung von 1848: „Die Kantone sind ver- 
pflichtet, wenn Streitigkeiten unter ihnen vorfallen, sich 
jeder Selbsthilfe sowie jeder Bewaffnung zu enthalten und 
sich der bundesmäßigen Entscheidung zu unterziehen“, ist 
bei der Verfassungsrevision 1874 unverändert geblieben. 
Hinzu kam, daß von 1874 auch die nicht zivilrechtlichen ®) 
Streitigkeiten durch den Bundesrat und die Bundesversamm- 
lung beurteilt wurden, so daß nunmehr „für alle Konflikte 
so vorgesorgt war, daß sie rechtlich ausgetragen werden 
konnten und sollten“ ?). 
Während nun in den Vereinigten Staaten von Nord- 
amerika und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft für 
den Fall, daß zwischen den einzelnen zum Bunde gehören- 
den Staaten öffentlichrechtliche Streitigkeiten entstanden 
sind, die Bundesgerichte in Tätigkeit treten; haben wir im 
Deutschen Reiche keine Instanz, die, delegiert von dem 
Bund der Staaten, derartige bestehende Streitigkeiten be- 
seitigen könnte. Etwa ein Reichsgericht, das für derartige 
Zwecke zuständig wäre, zu bilden, ist zwar schon oftmals 
angeregt, auch in der Reichsverfassung vom 28. März 1849 
vorgezeichnet worden. trotzdem bisher noch nicht gelungen. 
5) Holst a. a. O. S. 118. 
6) Nach Artikel 101 der Verfassung von 1848 war das Bundes- 
gericht nur für zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen den Kan- 
tonen zuständig. 
)v. Orellia a. O.S. 45.
	        
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