—- 16 —
übrigen Territorialbestand des Königreichs Preußen dauernd
verbunden wurde. Seit diesem Moment existiert ein Staat
Lauenburg nicht mehr. Als Bundesstaat im Sinne des Art. 76
kann Lauenburg nicht mehr angesehen werden; an seine
Stelle ist Preußen getreten!
II. Anders verhält es sich mit dem kleinen Fürstentum
Waldeck. Durch verschiedene Akzessionsverträge mit
Preußen (der letzte datiert vom 2. März 1887) hat dieses
Fürstentum fast seine ganze innere Verwaltung an Preußen
übertragen, so daß es in Wirklichkeit fast nur noch ein
preußischer Verwaltungsbezirk ist. Da sich aber der Fürst
einzelne Regierungsrechte vorbehalten hat, und Waldeck
selbst das Recht hat, Staatsverträge abzuschließen, Ge-
sandte zu schicken und zu empfangen, so ist dadurch die
„Staatsindividualität‘‘?) von Waldeck erhalten. Demgemäß
fallen Streitigkeiten zwischen Waldeck und einem anderen
deutschen Bundesstaat unter Art. 6. Ein Streit zwischen
Preußen und Waldeck muß allerdings, soweit Waldecksche
Rechte an Preußen übertragen sind, als ausgeschlossen be-
trachtet werden.
III. Fällt nun das Reichsland Elsass-Lothringen unter
Art. 76 der Reichsverfassung®? \Wenn Hommerich!)
unter anderen aus Art. 5 des EG. zum BGB. auf Elsaß-Loth-
ringen die Rechte aus Art. 76 im Wege der Analogie an-
gewandt wissen will, so ist das nicht richtig. Elsaß-Loth-
ringen gilt als Bundesstaat im Sinne des Bürgerlichen Ge-
setzbuches und des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen
Gesetzbuch. Damit ist aber nicht gesagt, daß diese Be-
stimmung in gleicher Weise auf die Reichsverfassung an-
gewendet werden dürfte. Richtiger erscheint mir die An-
3) Zorn, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1895 S. 97;
v. Seydel, Kommentar S. 29.
4) IHommerich, Die Bedeutung des Art. 16 RV., Münster
S. 26.