Rechtsspruch diesen Streit erledigen und dies wiederum so,
daß er diesen Spruch entweder selbst fällt oder aber durch
eine von ihm beauftragte Instanz fällen läßt.
§ 9.
Zunächst wird es sich der Bundesrat natürlich an-
gelegen sein lassen, eine friedliche Vermittlung zwischen
den beiden streitenden Bundesstaaten zu erreichen, „um
eine gütliche Einigung, sei es in der Sache selbst, sei es
durch Kompromiß herbeizuführen“ '). Wenn diese Art der
Erledigung auch nicht als der zuerst einzuschlagende Weg
direkt durch die Reichsverfassung vorgeschrieben wird, wie
seinerzeit durch die Deutsche Bundesakte, so sind doch die
meisten Staatsrechtslehrer dafür, daß der Bundesrat ge-
radezu die Pflicht habe, immer zuerst auf gütlichem Wege
bestehende Differenzen auszugleichen. Sie folgern dies
einesteils aus dem Charakter des Deutschen Reiches als
Bundesstaat mit der Begründung, daß für die einzelnen
Bundesstaaten die am wenigsten schroffe Art der Erledi-
gung, also die friedliche Vermittlung im Interesse der
Friedensbewahrung, die gegebene sei; dann aber auch aus
Absatz II des Art. 76, der den gütlichen Ausgleich an erster
Stelle vorschreibt. v. Jagemann?) behauptet sogaı,
daß ein Vergleich „immer zuerst: versucht wird“.
Sollten sich jedoch die Differenzen schon derartig zu-
gespitzt haben, daß ein gütlicher Vergleich nicht mehr den
gewünschten Erfolg hat, so kann der Bundesrat, und das
ist ganz unbestritten, auf jeden Fall den Streit dadurch er-
ledigen, daß er, analog den Vorschriften der Deutschen
Bundesakte, eine Austrägalinstanz mit der Entscheidung
beauftragt. Diese Instanz kann nun, in Ermangelung be-
sonderer Vorschriften, „ein Gerichtskollegium, eine Juristen-
1) Hänel a. a. O. S. 515.
2) v. Jagemann a. a. O. S. 217.