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betreffenden Bundesstaat selbst überlassen bleiben soll, so
würde ich sogar einem Bundesstaate während des Schwebens
einer Streitigkeit noch das Recht zugestehen, ein Organ zur
Entscheidung gerade dieses Streites auf verfassungsmäßigenı
Wege ins Leben zu rufen.
Zu erwähnen bleibt noch, daß es eine Berufung in Ver-
fassungsstreitigkeiten an den Bundesrat nicht gibt. Dies
war zwar zur Zeit des Deutschen Bundes möglich, wo trotz
Bestehens eines Schiedsgerichts gegen dessen Entscheidung
eine Berufung an das Bundesschiedsgericht möglich war?);
heute jedoch entscheidet entweder die bestimmte Landes-
behörde oder aber der Bundesrat selbst, beide in erster und
letzter Instanz.
$ 16.
Trotz Vorliegens aller dieser materiellen Voraussetzun-
een tritt aber auch der Bundesrat nur dann in Tätigkeit
gemäß Absatz 2 des Art. 76, wenn er von einem Streitteil
angerufen wird. Der Bundesrat hat also nicht das Recht des
unmittelbaren Eingriffs. Diese formelle Voraussetzung deckt
sich vollkommen mit der des Abs. 1, so daß sich ein noch-
maliges Eingehen auf diesen Punkt erübrigt.
Ist der Bundesrat nun zu Recht angerufen und hat er
sich demgemäß auch auf seine Zuständigkeit hin geprüft,
dann hat er auch die Pflicht, den Streit zu erledigen. Und
da ist ihm durch die Reichsverfassung zuerst der Weg des
gütlichen Ausgleichs vorgeschrieben. Auch für diese fried-
liche Vermittlung greifen die analogen vorherigen Aus-
führungen Platz, lediglich der Umstand, daß nach Art. 76 II
dem Bundesrat das Mittel des gütlichen Ausgleichs zuerst
vorgeschrieben ist, bildet eine Einschränkung der Tätigkeit
des Bundesrats im Vergleich zu Art. 76 1.
3) cf. Art. 209 des Oldenburgischen Staatsgrundgesetzes.