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gar nicht über die Entscheidung einig würden — wenn z. B.
der Bundesrat sich auf die Seite der Regierung. der Reichs-
tag auf die Seite der Volksvertretung stellen würde — liegt
klar auf der Hand. Günstigenfalls aber, d. h. bei gelungener
Finigung, würde wahrscheinlich noch ejne derartige Ent-
scheidung getroffen werden. die nicht immer das Ergebnis
rein rechtlicher Erwägungen, sondern politischer Anschauun-
‘gen wäre. Aus diesen Betrachtungen heraus will auch
Arndt!) die Erledigung von Verfassungsstreitigkeiten inı
Wege der Reichsgesetzgebung so aufgefaßt wissen. daß
durch Reichsgesetz die Entscheidung eines derartigen
Streites einem geeigneten Gerichtshof überwiesen wird. Daß
diese Möglichkeit der Erledigung unter Art. 76 II fällt, wird
wohl von keiner Seite bestritten werden. In dem Reichs-
gesetz vom 14. Mai 1881 betreffend die Zuständigkeit des
Reichsgerichts für Streitfragen zwischen dem Senat und der
Bürgerschaft der Freien und Hansastadt Hamburg (Reichr-
gesetzblatt 1881 S. 37) kann man m. E. nur die Bestätigung
der Möglichkeit sehen, man kann aber nicht, wie Arndt.
auf Grund dieser einzigen Entscheidung eines Verfassungs-
streites zu dem Schluß kommen, daß der Gesetzgeber unter
„Erledigung im Wege der Reichsgesetzgebung“ ausschließ-
lich an den Weg der Überweisung gedacht habe. Die An-
sicht fast aller Staatsrechtslehrer ist die, daß Bundesrat und
Reichstag befugt sein sollen, unmittelbar eine Entsclieidung
zu treffen.
$ 18.
Hat nun der Bundesrat einen Verfassungsstreit im Wege
der Reichsgesetzgebung erledigt, dann behaupten v. Seydel
und v. Martitz, daß dieser Spruch des Reiches nicht nur
formell, sondern auch materiell ein Gesetz sein kann. Hier-
nach müßte also dem Reiche die Befugnis zustehen, bundes-
1) Arndt, Staatsrecht S. 113.