98 XIV.
Verordnung.
(Vom 9. Juni 1904.)
Den Vollzug des Gesetzes vom 11. August 1902, die Erziehung und den Unterricht nicht vollsinniger
Kinder betreffend.
Zum Vollzug des Gesetzes vom 11. August 1902, die Erziehung und den Unterricht
nicht vollsinniger Kinder betreffend, wird verordnet, was folgt:
I. Staatliche Anstalten für taubstumme und blinde Kinder.
§ 1.
Die staatlichen Anstalten für Taubstumme und Blinde haben den Zweck, die ihnen
anvertrauten Kinder zu verständigen, religiös-sittlichen Menschen zu erziehen, sie in den Lehr-
gegenständen der Volksschule, soweit dieselben den taubstummen und blinden Kindern zugänglich
sind, zu unterrichten und die blinden Kinder überdies in geeigneten für die Gewinnung ihres
Lebensunterhaltes förderlichen Handarbeiten zu unterweisen.
Sie haben einen 8jährigen Lehrgang.
Die näheren Bestimmungen über die Lehrziele, die Stoffverteilung und die Klassenein-
teilung werden durch die Oberschulbehörde erlassen.
Zur Teilnahme am Unterricht können auch Kinder, die außerhalb der Anstalt wohnen,
zugelassen werden. Ein Schulgeld wird von solchen nicht erhoben.
§ 2.
Die Anstalten für Taubstumme und Blinde unterstehen unmittelbar der Aufsicht der
Oberschulbehörde.
Zur Mitwirkung bei der Aufsicht kann auf Antrag der Oberschulbehörde durch das
Unterrichtsministerium ein Inspektor bestellt werden, dessen Befugnisse und Obliegenheiten im
einzelnen durch eine von der Oberschulbehörde zu erlassende Dienstweisung geregelt werden.
83.
Die Beaufsichtigung der Zöglinge in der Anstalt ist eine allen Lehrern gemeinsam
obliegende Verpflichtung.
84.
Die überwachung der Wirtschaftsführung in den einzelnen Anstalten ist Sache des
Vorstandes.
Die Oberschulbehörde kann zur Unterstützung und Erleichterung des Vorstandes einzelnen
Anstaltslehrern die Besorgung bestimmter Geschäftszweige gegen besondere Vergütung übertragen.