Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1904. (36)

106 XIV. 
VI. Anwendung des Gesetzes auf schwach- beziehungsweise blödsinnige und epileptische 
Kinder. 
8 35. 
Die Vorschriften der 88 18 und 19 über die Pflicht zur Anmeldung taubstummer und 
blinder Kinder finden auch bezüglich der schwach- und blödsinnigen Kinder Anwendung. 
Ein Verzeichnis der angemeldeten Kinder ist durch Vermittelung der Großherzoglichen 
Kreisschulvisitatur der Oberschulbehörde vorzulegen. 
Die Ortsschulbehörden sind überdies verpflichtet, sofern ein zum Eintritt in die Volks- 
schule angemeldetes Kind an epileptischen Anfällen leidet oder wenn solche Anfälle bei einem 
bereits in die Schule aufgenommenen Kind sich einstellen, hiervon alsbald der Oberschul- 
behörde durch Vermittelung der Großherzoglichen Kreisschulvisitatur Anzeige zu erstatten. 
Hat bereits eine ärztliche Untersuchung stattgefunden, so ist das hierüber erstattete Gutachten 
beizulegen. 
8 36. 
Anstalten, welche schwach- und blödsinnige oder epileptische Kinder zu denselben Bedingungen 
aufnehmen wollen, unter denen die Aufnahme taubstummer und blinder Kinder in die für 
solche bestehenden Staatsanstalten erfolgt, haben hiervon der Oberschulbehörde Anzeige zu 
erstatten und dabei den Nachweis zu erbringen, daß das Anerbieten auf einem Beschluß der 
satzungsmäßig hiefür zuständigen Organe beruhe. 
Die Entscheidung darüber, ob die Anstalt als geeigneter Ersatz für eine Staatsanstalt 
anzuerkennen sei, steht dem Unterrichtsministerium zu. Die Anerkennung ist öffentlich bekannt 
zu geben. 
§ 37. 
Auf die Unterbringung schwach= und blödsinniger sowie epileptischer Kinder in Anstalten 
der in § 36 gedachten Art finden die Vorschriften dieser Verordnung sinngemäße Anwendung. 
VII. Antragstellung bei dem Vormundschaftsgericht. 
g 38. 
Die Oberschulbehörde hat, sofern ein Kind der in §§ 1 und 15 des Gesetzes bezeichneten 
Art keinen oder keinen genügenden Unterricht erhält, bei dem Vormundschaftsgericht Antrag auf 
Erlassung einer Entscheidung im Sinne der §§ 1666 oder 1838 des Bürgerlichen Gesetzbuches 
zu stellen. 
Die Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts und das Verfahren bestimmen sich nach 
den Vorschriften über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. 
Von der ergangenen Entschließung ist der Oberschulbehörde Nachricht zu geben. 
Der letzteren steht das Recht zu, von den gegen die Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts 
zulässigen Rechtsmitteln selbständig Gebrauch zu machen.
	        
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