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4. Das Reifezeugnis, welches ein Angehöriger des Deutschen Reichs als Schüler einer
Vollanstalt in einem deutschen Bundesstaat erworben hat, gewährt (mit der aus Nr. 5 her-
zuleitenden Maßgabe) in einem anderen Bundesstaat alle Berechtigungen, welche in beiden
Bundesstaaten übereinstimmend dem Reifezeugnisse der betreffenden Schulgattung verliehen sind.
Werden in den Bundesstaaten betreffs des Berechtigungsnachweises verschiedene Forderungen
gestellt, so ist die Gewährung der weitergehenden Berechtigung von der Entschließung der Re-
gierung desjenigen Bundesstaats abhängig, in welchem das Reifezeugnis als Berechtigungs-
nachweis vorgelegt wird.
5. Für Schüler aus dem Deutschen Reiche, die später als mit dem Beginn des drittletzten
Jahrganges (der Obersekunda nach weitverbreiteter Bezeichnung) in eine Vollanstalt eines
deutschen Bundesstaats eintreten, auf welchen sie weder durch die Staatsangehörigkeit noch
durch den jeweiligen Wohnort ihrer Eltern oder deren Stellvertreter angewiesen sind, hat das
dort erworbene Reifezeugnis die unter Nr. 4 bezeichnete Wirkung nur dann, wenn dem Prüf-
linge seitens der Unterrichtsverwaltung des Bundesstaats, dem er angehört, die Erlaubnis zur
Ablegung der Reifeprüfung an jener Anstalt vorher erteilt worden ist. Ein Vermerk hierüber
ist in das Reifezeugnis aufzunehmen (vergleiche Nr. 3).
Auf diese Bestimmung sind auswärtige Bewerber, welche die Aufnahme in eine Voll-
anstalt an einer höheren Stelle des Gesamtkursus als bei dem Beginne des drittletzten Jahr-
ganges (der Obersekunda) nachsuchen, durch den Direktor (Rektor) schon vor dem Eintritt in
die Anstalt hinzuweisen.
6. Deutsche Reichsangehörige, die das Reifezeugnis einer Vollanstalt erwerben wollen,
ohne Schüler einer solchen zu sein (als sogenannte Extraneer), haben sich der Prüfung an einer
Anstalt desjenigen Bundesstaats zu unterziehen, auf den sie durch die Staatsangehörigkeit oder
durch den jeweiligen Wohnsitz ihrer Eltern oder deren Stellvertreter angewiesen sind. Die Ab-
legung der Reifeprüfung an einer Vollanstalt eines andern Bundesstaats ist nur in besonders
begründeten Fällen zulässig und hat die unter Nr. 4 bezeichneten rechtlichen Folgen nur dann,
wenn seitens der Unterrichtsverwaltung des Bundesstaats, dem der Prüfling angehört, die Er-
laubnis dazu erteilt worden ist. Ein Vermerk hierüber ist in das Reifezeugnis aufzunehmen
(vergleiche Nr. 3).
Die Anstalt, bei welcher die Prüfung stattzufinden hat, bestimmt in jedem einzelnen Falle
die Schulaufsichtsbehörde.
Eine Befreiung von der mündlichen Prüfung oder von Teilen derselben ist bei Extraneern
nicht zulässig.
7. Sind in einem deutschen Bundesstaate besondere Prüfungen eingerichtet, durch deren
Bestehen die Inhaber des Reifezeugnisses eines Realgymnasiums oder einer Oberrealschule die
mit dem Reifezeugnis eines Gymnasiums oder Realgymnasiums verbundenen Rechte in diesem
Bundesstaat erwerben, so kommt den Zeugnissen über das Bestehen einer solchen Prüfung die
gleiche Wirkung auch in den anderen deutschen Bundesstaaten zu.
Diese Vereinbarung tritt an Stelle der in den Jahren 1874 und 1889 abgeschlossenen.