Object: Sagenbuch des Königreichs Sachsen

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91. Der Trompeter im Woderich bei Schöneck. 
Mitgeteilt von Lehrer A. Zimmer in Raun. 
An der Straße, die von Schöneck nach Falkenstein führt, ziehen 
sich zu beiden Seiten große Waldstrechen hin, von denen die rechts 
liegende, größere den Namen „Woderich"“ hat. Aoch vor einigen 
Jahrzehnten, ehe Axt und Säge hier klangen, war das ein fast 
undurchdringliches, stundenlang sich ausdehnendes Waldgehege, das 
nur wenige Heimische einmal durchquert hatten. Wege gingen über- 
haupt nicht durch, und es gab Leute, die ein Lied davon singen 
konnten, wie sie tagelang in der Frre gegangen .. s ist heut- 
zutage noch nicht viel anders geworden. Viel, viel Beeren mußte 
es im Woderich geben; aber wir Kinder ließen sie gerne stehen 
Was Wunder, wenn's dort nicht richtig sein soll. 
Ich ging — 's ist noch nicht so lange her — einmal mit meinem 
Vater an einem wunderschönen Sommernachmittag von Falkenstein 
heim. Wir verloren uns dabei gerne etwas seitwärts tiefer in den 
Wald und waren gerade darüber, uns allerlei Spukgeschichten 
vom Woderich zu erzählen. Da, auf einmal — wie gebannt blieben 
wir erschrecht stehen und lauschten. Es war, als wenn aus der 
Ferne Töne zu uns drangen, Töne so voll Sehnsucht. jetzt 
lauter — und wieder leise; jetzt klang's wie das Schwirren von 
Harfensaiten, dann wieder wie ganz ferner, ferner Trompetenklang. 
Wir lauschten lange, und so lange wir lauschten, klang und sang 
es .. bis wir endlich machten, daß wir fortlkamen — der Spuk 
war ja dal 
Als wir wieder draußen auf der Straße waren, nahm mein 
Vater das Wort: „Weißt du, was das war?"“ Und als ich ver- 
neinte, erzählte er mir's. 
In den Freiheitskriegen lagen fremde Soldaten auch in Schönech; 
Russen z. B. auf der Hohenreuth, ein andermal Franzosen in der 
Stadt. Diesen soll sich ein Schönecker Bürger zum Führer angeboten 
haben. Der aber hat die Feinde ins Woderich verschleppt, wo sie 
lange umherirrten und in der Aacht in einem Sumpfe versanken. 
Ihre Geister sollen dort jetzt noch spuken, und zuweilen steigt der 
Trompeter hervor und läßt den Notruf durch den Wald erschallen. 
So geht die Sage (vergl. dazu aber Nr. 350, ferner Nr. 974).
	        
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