Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1910. (42)

16 II. 
minderter Arbeitszeit, so kann auf Grund des § 139 der Gewerbeordnung eine längere Arbeits- 
zeit, als in dem bereits genehmigten Betriebsplan vorgesehen war, gestattet werden. 
2. Der Antrag ist schriftlich zu stellen und unmittelbar oder durch Vermittelung der Orts- 
polizeibehörde an das Bezirksamt als die zuständige untere Verwaltungsbehörde zu richten. 
Er muß den Grund, aus welchem die Erlaubnis beantragt wird, die Zahl der in Betracht 
kommenden Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter sowie den Zeitraum angeben, für welchen 
die Ausnahme stattfinden soll. Ist der Antrag der Ortspolizeibehörde zur Weiterbeförderung 
übergeben, so hat diese sofort den Antrag, wenn er mangelhaft ist, zur Vervollständigung 
zurückzugeben, andernfalls die Richtigkeit der tatsächlichen Augaben festzustellen und den Antrag 
mit dem Ergebnis dieser Feststellung und ihrer gutachtlichen Außerung weiter zu befördern. 
3. Das Bezirksamt als untere. Verwaltungsbehörde hat von seiner Befugnis, Ausnahmen 
auf die Dauer von höchstens 1.1 Tagen zu gestatten, nur in dringenden Fällen Gebrauch zu 
machen. Solche Fälle sind in der Regel nur dann anzunehmen, wenn es sich darum handelt, 
mit Hilfe der außerordentlichen Verwendung von Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern 
eine durch Naturereignisse oder Unglücksfälle herbeigeführte wesentliche Unterbrechung des regel- 
mäßigen Betriebes schleunigst wieder zu beseitigen oder einen zur Verhütung von Unglücks- 
fällen erforderlichen außerordentlichen Betrieb zu ermöglichen. Werden in Fällen dieser Art 
Ausnahmen für länger als 14 Tage beantragt, so hat die untere Verwaltungsbehörde zwar 
schleunigst an den Landeskommissär als die zuständige höhere Verwaltungsbehörde zu berichten, 
kann aber die ihr erforderlich erscheinenden Ausnahmen vorläufig bis zur Dauer von 
14 Tagen gestatten. 
4. Werden die Ausnahmen nur beantragt, um den durch die Unterbrechung verursachten 
Verlust an Betriebszeit wieder einzubringen, so hat die untere Verwaltungsbehörde stets die 
Entscheidung des Landeskommissärs als der zuständigen höheren Verwaltungsbehörde einzuholen. 
Sie hat zu dem Ende die Tatsachen, auf welche sich der Antrag stützt, insbesondere auch den 
Verlust an Betriebszeit, welcher dem Unternehmer durch die Unterbrechung erwachsen ist, fest- 
zustellen und die darüber aufgenommenen Verhandlungen mit ihrem gutachtlichen Berichte der 
höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen. 
Letztere hat, soweit die Ausnahmen für einen 4 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum 
beantragt werden, über den Antrag die Entscheidung zu treffen. 
5. Vor Erteilung des Bescheids der unteren oder höheren Verwaltungsbehörde ist, sofern 
es ohne Verzögerung dringlicher Fälle tunlich ist, stets die Fabrikinspektion zu hören. Bei 
Bemessung der zu gestattenden Ausnahmen ist darauf zu sehen, daß diese nicht über das Maß 
hinausgehen, welches durch die Dringlichkeit des Bedürfnisses geboten und mit Rücksicht auf 
die Gesundheit der Arbeiterinnen und der jugendlichen Arbeiter zulässig erscheint und daß sie nicht 
für längere Zeit gestattet werden, als zur Beseitigung der Betriebsstörung oder zur Abwendung 
eines Unglücksfalles oder zur Einbringung der verlorenen Betriebszeit erforderlich ist. 
6. Soweit es sich nicht um Ausnahmen in besonders dringenden Notfällen oder für wenige 
Tage handelt, sind bei Gestattung der Ausnahmen folgende Grenzen einzuhalten:
	        
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