Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1912. (44)

254 XXXI. 
II. Die einzelnen Lehrgegenstände. 
§ 2. Religion. 
Für den Religionsunterricht sind die von den oberen geistlichen Behörden aufgestellten 
oder noch aufzustellenden Lehrpläne maßgebend. (Gesetz vom 9. Oktober 1860, betreffend die 
rechtliche Stellung der Kirchen und kirchlichen Vereine im Staat, § 12.) 
§ 3. Deutsche Sprache. 
a. Lehrziel. 
Der Unterricht in der Muttersprache soll den Schüler mit diesem wichtigsten Werkzeug 
geistigen Arbeitens in Wort und Schrift vertraut machen. Er ist gleichzeitig das bedeutsamste 
Mittel zur Erziehung zu deutscher Art und deutschem Wesen. 
Der Schüler soll richtig sprechen, lesen und schreiben lernen und im Ausdruck so geübt 
werden, daß er jeden Gedanken inhaltlich und sprachlich richtig wiederzugeben vermag; auch 
soll er die Schule nicht ohne Übung in zusammenhängender Wiedergabe größerer Gedanken- 
reihen und im Gebrauch der freien Rede verlassen. Er soll mit den Gesetzen der deutschen 
Sprache, mit ihrem Wortschatz vertraut werden und ihre geschichtliche Eutwicklung verstehen 
lernen. 
Die systematische Behandlung der Sprachlehre soll den Stoff sammeln, ordnen und 
zusammenfassen. Die Sprachlehre soll aber nicht nur zum sprachrichtigen Gebrauch und zum 
Verständnis des Gefüges unserer heutigen Sprache führen und deren Entwicklung im ganzen 
aufzeigen, sondern auch an einzelnen Worten die Anderungen der Form und des begrifflichen 
Inhalts verfolgen und dabei auf die Entstehung von Abstrakten, von Bildern und Redensarten 
eingehen. (Bedeutungswandel, Begriffsbildung.) 
Der Schüler soll schließlich eingeführt werden in das klare Verständnis deutschen Schrifttums, 
seiner Entwicklung und seines Zusammenhangs mit der Geschichte und Kulturgeschichte unseres 
Volkes und in die verstandesmäßige und gefühlsmäßige Auffassung der hervorragendsten Meister- 
werke deutscher Poesie und Prosa und ihrer stilistischen und ästhetischen Gesetze. 
Der Lehraufgabe der obersten Klasse ist auch die Einführung in die philosophische Pro- 
pädeutik zuzuweisen. 
b. Verteilung des Lehrstoffes. 
1. Der Lesestoff. 
Klasse VI und V. Richtiges deutliches Lesen von passenden Stücken eines Lesebuchs, 
Erklärung der sprachlichen und sachlichen Einzelheiten, Nacherzählen des Gelesenen, aber auch 
von Vorerzähltem oder Erlebtem, freier Vortrag leicht faßlicher, besonders erzählender Gedichte 
bilden die Grundlage. Beim Lesen ist auf lautreine, gut artikulierte Aussprache sorgsam zu 
achten. Nach und nach sind die Schüler auch mit den Gesetzen der Lautbildung und der 
Tätigkeit der Sprachwerkzeuge bekannt zu machen. Eine wichtige Aufgabe ist die Klärung, Festigung
	        
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