268 XXXI.
Dabei muß den Schülern der Unterschied zwischen Erfahrungstatsachen und feststehenden
wissenschaftlichen Wahrheiten einerseits und Hypothesen andererseits klar werden. An geeigneten
Beispielen ist die Bedeutung der Hypothese als eines Arbeitsmittels klar zu legen.
An geeigneten Beispielen ist die geschichtliche Entwicklung einzelner wissenschaftlicher
Probleme zu zeigen.
Im ganzen soll der naturwissenschaftliche Unterricht einen einheitlichen Charakter wahren.
Er soll ausgehen von einer Sammlung und Inventarisierung der Objekte der belebten und
unbelebten Welt und soll führen zum Verständnis des Lebens der Organismen und insbesondere
des Menschen. Auf der anderen Seite soll er von der sinnfälligen Beobachtung einzelner
Naturvorgänge fortschreiten zum streng wissenschaftlichen Verständnis physikalischer und
chemischer Vorgänge und der Einheit der physikalischen und chemischen Erscheinungen.
Im einzelnen ist im tier= und pflanzenkundlichen Unterricht die erste Aufgabe der Er-
werb einer gewissen Tier= und Pflanzenkenntnis und deren Ordnung nach systematischen Ge-
sichtspunkten. Doch soll Systemkunde als solche nicht Gegenstand des Unterrichts sein. Die
Auswahl der zu beschreibenden Tiere insbesondere soll von Klasse IV ab im ganzen in
systematischer Folge, im einzelnen aber wesentlich nach didaktischen Gesichtspunkten erfolgen.
Die Einreihung der beschriebenen Pflanzen, deren Auswahl im einzelnen von der Jahres-
zeit abhängt, kann nur in die großen Abteilungen des Systems erfolgen.
Im Vordergrund der Beobachtungen soll die heimische Tier= und Pflanzenwelt stehen,
zunächst dann die unserer Kolonien und unserer Nachbarländer; ferner diejenigen Tiere und
Pflanzen, die für unsere Volkswirtschaft Bedeutung haben.
In beiden Gebieten, bei den Tieren wie bei den Pflanzen, sind die Einzelheiten der
äußeren Gestalt, bei den Pflanzen auch des inneren Baus in enge Beziehung zu bringen zu
den Lebensvorgängen und den Lebensbedingungen der einzelnen Wesen. Es entspricht nur dem
lebendigen Bedürfnis nach Erkenntnis des ursächlichen Zusammenhangs der Erscheinungen, so
hier des Zusammenhangs zwischen Form und Tätigkeit der einzelnen Organe und Organgruppen,
sowie auch zwischen Formen und äußeren Lebensbedingungen, wenn die sicheren Ergebnisse der
wissenschaftlichen Forschung auf diesen Gebieten auch in der Schule ihre Stätte finden.
Aber auch die Betrachtung der Formen an sich wird Ausblicke zu höheren Gesichtspunkten
ermöglichen, so insbesondere die Skelettlehre bei den Wirbeltieren. Hier läßt sich am Bau des
Skeletts sehr leicht übersehen, wie unter den so sehr verschiedenen äußeren Hüllen und Formen
die Architektonik des Wirbeltierkörpers doch außerordentlich einheitlich ist, wie in ihr die innere
Verwandtschaft einer so großen und mannigfaltigen Tiergruppe ihren augenfälligen Ausdruck
findet. Andererseits läßt sich zeigen, wie unter dem Druck der Lebensbedingungen und der
äußeren Verhältnisse selbst der starre Knochen elastisch wird.
Die Physiologie der Tiere ist im wesentlichen an die des Menschen anzuknüpfen, die der
Pflanzen in ihren Haupttatsachen auf dem Weg von Versuchen zu begründen.
Wo das Mikroskop gebraucht wird, sei es im Unterricht, sei es in den Übungen, ist auf
die beiden großen Schwierigkeiten sorgfältig Bedacht zu nehmen: die Überführung des geschauten