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B. Bernfsvormundschaft kraft Bestellung.
88.
Das Vormundschaftsgericht kann im Einvernehmen mit einer Gemeinde oder einem Kreise
einen Beamten der Gemeinde oder des Kreises vor den nach § 1776 des Bürgerlichen Gesetz-
buches als Vormünder berufenen Personen zum Vormund für diejenigen Minderjährigen
bestellen, welche unter der Aufsicht des Beamten entweder in einer von ihm ausgewählten
Familie oder Anstalt oder, sofern es sich um uneheliche Kinder handelt, in der mütterlichen
Familie erzogen oder verpflegt werden. Es kann ihm auch nur einzelne Rechte und Pflichten
eines Vormundes übertragen.
Die Vorschriften in § 4, § 5, § 6, 8 7 Absatz 2 finden entsprechende Anwendung.
C. Schlußbestimmungen.
89.
Die Artikel III und 1V des Gesetzes, die Zwangserziehung und die Bevormundung durch
Beamte der Armenverwaltung betreffend, vom 16. August 1900 werden aufgehoben. Die auf
Grund dieser Artikel erlassenen statutarischen Bestimmungen bleiben bis zu ihrer Anderung
auf Grund dieses Gesetzes bestehen.
§ 10.
Das Justizministerinm erläßt die ersorderlichen Ausführungsbestimmungen.
Artikel 2. Ubertretungen in Bezug auf die Verpflegung von Kindern.
§ 98a des Polizeistrafgesetzbuches vom 31. Oktober 1863 in der Fassung des Gesetzes
vom 14. April 1882 (Gesetzes= und Verordnungsblatt Seite 72, 73) wird in nachstehender
Weise geändert:
Durch Verordnung, bezirks oder ortspolizeiliche Vorschriften kann bis zur Schulentlassung
eine Überwachung der Verpflegung unehelicher Kinder sowie der entgeltlichen Verpflegung
anderer Kinder angeordnet werden. Jusbesondere kann bestimmt werden, daß, wer solche
Kinder zur Verpflegung übernimmt, hiervon Anzeige erstatten oder die Genehmigung hierzu
erwirken muß. Die Uberwachung der Pflegeeltern und Pflegekinder kann einem von der Gemeinde
oder dem Kreise zu stellenden Beamten übertragen werden.
Der Bezirksrat kann Personen, welche ihnen angehörige oder anvertraute Kinder in Bezug
auf Aufsicht, Schutz, Verpflegung oder ärztlichen Beistand verwahrlosen, die entgeltliche Ver-
pflegung von Minderjährigen untersagen.
Wer diesen Verboten oder Anordnungen zuwiderhandelt, wird an Geld bis zu 50 Mark
oder mit Haft bis zu 8 Tagen bestraft.
Gegeben zu Badenweiler, den 8. Juli 1914.
Friedrich.
Auf Seiner Königlichen Hoheit höchsten Befehl:
F. K. Müller.
von Dusch.