Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1914. (46)

240 XXXIV. 
B. Bernfsvormundschaft kraft Bestellung. 
88. 
Das Vormundschaftsgericht kann im Einvernehmen mit einer Gemeinde oder einem Kreise 
einen Beamten der Gemeinde oder des Kreises vor den nach § 1776 des Bürgerlichen Gesetz- 
buches als Vormünder berufenen Personen zum Vormund für diejenigen Minderjährigen 
bestellen, welche unter der Aufsicht des Beamten entweder in einer von ihm ausgewählten 
Familie oder Anstalt oder, sofern es sich um uneheliche Kinder handelt, in der mütterlichen 
Familie erzogen oder verpflegt werden. Es kann ihm auch nur einzelne Rechte und Pflichten 
eines Vormundes übertragen. 
Die Vorschriften in § 4, § 5, § 6, 8 7 Absatz 2 finden entsprechende Anwendung. 
C. Schlußbestimmungen. 
89. 
Die Artikel III und 1V des Gesetzes, die Zwangserziehung und die Bevormundung durch 
Beamte der Armenverwaltung betreffend, vom 16. August 1900 werden aufgehoben. Die auf 
Grund dieser Artikel erlassenen statutarischen Bestimmungen bleiben bis zu ihrer Anderung 
auf Grund dieses Gesetzes bestehen. 
§ 10. 
Das Justizministerinm erläßt die ersorderlichen Ausführungsbestimmungen. 
Artikel 2. Ubertretungen in Bezug auf die Verpflegung von Kindern. 
§ 98a des Polizeistrafgesetzbuches vom 31. Oktober 1863 in der Fassung des Gesetzes 
vom 14. April 1882 (Gesetzes= und Verordnungsblatt Seite 72, 73) wird in nachstehender 
Weise geändert: 
Durch Verordnung, bezirks oder ortspolizeiliche Vorschriften kann bis zur Schulentlassung 
eine Überwachung der Verpflegung unehelicher Kinder sowie der entgeltlichen Verpflegung 
anderer Kinder angeordnet werden. Jusbesondere kann bestimmt werden, daß, wer solche 
Kinder zur Verpflegung übernimmt, hiervon Anzeige erstatten oder die Genehmigung hierzu 
erwirken muß. Die Uberwachung der Pflegeeltern und Pflegekinder kann einem von der Gemeinde 
oder dem Kreise zu stellenden Beamten übertragen werden. 
Der Bezirksrat kann Personen, welche ihnen angehörige oder anvertraute Kinder in Bezug 
auf Aufsicht, Schutz, Verpflegung oder ärztlichen Beistand verwahrlosen, die entgeltliche Ver- 
pflegung von Minderjährigen untersagen. 
Wer diesen Verboten oder Anordnungen zuwiderhandelt, wird an Geld bis zu 50 Mark 
oder mit Haft bis zu 8 Tagen bestraft. 
Gegeben zu Badenweiler, den 8. Juli 1914. 
Friedrich. 
Auf Seiner Königlichen Hoheit höchsten Befehl: 
F. K. Müller. 
von Dusch.
	        
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