Full text: Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogtum Baden. Jahrgang 1914. (46)

XXXIV. 241 
Gesetz. 
(Vom 8. Juli 1914.) 
Die Abänderung des Gesetzes vom 5. Mai 1870 über die öffentliche Armenpflege betreffend. 
Friedrich, von Gottes Gnaden Großherzog von Baden, 
Herzog von Zähringen. 
Mit Zustimmung Unserer getrenuen Stände haben Wir beschlossen und verordnen, was folgt: 
Artikel 1. 
Hinter § 18 des Gesetzes vom 5. Mai 1870, die öffentliche Armenpflege betreffend (Gesetzes- 
und Verordnungsblatt Seite 387), werden folgende Bestimmungen eingeschaltet: 
* 18a. 
Wer selbst oder in der Person seiner Ehefrau oder seiner noch nicht 16 Jahre alten 
Kinder aus öffentlichen Armenmitteln unterstützt wird, kann, wenn er die ihm von der Armen- 
behörde gemäß § 18 angesonnene Arbeit ablehnt oder nicht gewissenhaft vollzieht, auf Antrag 
des unterstützenden oder des erstattungspflichtigen Armenverbandes durch Beschluß des Bezirksrats 
dem antragstellenden Armenverbande zur zwangsweisen Arbeitsleistung überwiesen werden. Die 
Überweisung hat die Wirkung, daß der Überwiesene für die Dauer eines Jahres, jedoch inner- 
halb dieses Jahres nur für die jeweilige Dauer der Unterstützungsbedürftigkeit, zu Arbeiten 
für Rechnung des Armenverbandes nach dem Maß seiner Kräfte angehalten werden kann. 
Als unterstützt gilt der Ehemann oder der unterhaltspflichtige Elternteil oder — bei 
unehelichen Kindern — die Mutter auch dann, wenn die Unterstützung der Ehefrau oder der 
Kinder ohne oder gegen den Willen dieser Unterhaltspflichtigen gewährt ist. 
Die Überweisung unterbleibt, 
l wenn die Unterstützungsbedürftigkeit nur durch vorübergehende Umstände verursacht ist, 
wenn der Unterstützte nicht arbeits= oder erwerbsfähig ist, 
3. wenn er entsprechend seiner Arbeits= und Erwerbsfähigkeit zu seinem und seiner Familie 
Unterhalt beiträgt, 
1. wenn die Überweisung mit erheblichen, den Umständen nach nicht gerechtfertigten Härten 
oder Nachteilen für das Fortkommen des Unterstützten verbunden wäre. 
Der liberweisungsbeschluß kann bei Ablauf seiner Geltung auf Antrag des Armenverbandes 
erneuert werden, wenn die Voraussetzungen seiner Erlassung fortbestehen. 
8 186b. 
Zuständig zur Erlassung des Beschlusses ist sowohl der Bezirksrat des Sitzes des unter- 
stützenden oder des erstattungspflichtigen Armenverbandes wie der des Aufenthaltsorts des 
Unterstützten oder seiner in § 18a genannten Angehörigen. 
Werden im gleichen Fall Anträge bei mehreren Bezirksräten gestellt, so ist der zuerst 
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