V. Reichstag. Art. 32. 479
preußischen allgemeinen Landrechts auf Grund der 88 172, 173 AL Rl 16
dem Fiskus das Recht auf Abforderung der verbotswidrig empfangenen Zu-
wendung zusteht, bejaht. Es ist vielfach die Ansicht vertreten, daß diese
Bestimmung durch das Inkrafttreten des B.G.B. außer Geltung gesetzt sei;
so u. a. Laband 1 S. 336, Arndt S. 144, Buchka in d. D. Jur. Zeit 1901
S. 241, Kollenscher daselbst 1900 S. 274. Nach der in Betracht kommenden
Bestimmung des § 817 B. G. B. würde zwar die Rückforderung der gewährten
Entschädigung stets ausgeschlossen sein, weil demjenigen, der die Entschädi-
gung gegeben hat, derselbe Verstoß gegen Art. 32 R.V. zur Last fällt.
Die Vorschrift des § 817 B. G. B. würde aber, selbst wenn sie anwendbar
wäre, in der Regel ohne jeden praktischen Erfolg bleiben, weil nicht an-
zunehmen ist, daß jemand, der durch Gewährung einer Entschädigung gegen
Art. 32 verstößt, nachher das Rückforderungsrecht ausübt. Dagegen ist nicht
zuzugeben, daß die Bestimmung des § 173 AULRI 16 durch das B. G. B.
aufgehoben ist, denn die Bestimmung gehört dem öffentlichen Recht an und
deshalb erstreckt sich auf sie weder nach Art. 55 E.G. z. B.G.B. noch nach
Art. 89 des preuß. Ausführungsgesetzes z. B.G.B. die aufhebende Kraft
des B.G.B.; insbesondere die letztere Bestimmung nennt unter aufgehobenen
Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts zwar den ganzen 16. Titel, aber
mit der einschränkenden Klausel, daß die Bestimmungen erhalten bleiben,
soweit sie sich auf öffentliches Recht beziehen. Die Vorschrift des § 172
ARLLI 16 über die Rückforderung einer nicht geschuldeten Leistung ist zwar
ebenso wie die der §8 813 ff. B.G.B. privatrechtlicher Natur. Anders aber
steht es mit der Vorschrift, daß der Fiskus berechtigt ist, dem Empfänger
„den verbotenen Gewinn zu entreißen“. Diese in an sich rein privatrecht-
lichen Beziehungen dem Fiskus eingeräumte Befugnis läßt sich unter keinen
privatrechtlichen Gesichtspunkt subsumieren. Dem Rückforderungsrecht des Fis-
kus steht keine Gegenleistung zur Seite; für eine einseitige Zuwendung fehlt es
an einer dahingehenden Absicht dessen, von dem die Zahlung geleistet ist oder
die Leistung zurückgefordert wird, und für die Annahme eines aus einer
unerlaubten Handlung sich ergebenden Ersatzanspruchs fehlt es an dem
Korrelat einer vermögensrechtlichen Schädigung des Fiskus, dem der An-
spruch zusteht. Das Reichsgericht a. a. O. S. 106 hat diesen Anspruch
dahin gekennzeichnet, daß er „ohne Zweifel nicht sowohl aus fiskalischen
Rücksichten als im Hinblick auf die Anforderungen eines von Moral=
prinzipien beeinflußten Rechtsgefühls statuiert werde, das der Belassung des
unerlaubten Vorteils bei dem Empfänger zu widerstreben scheine“. In der
Tat könnte diese Bestimmung, ohne in ihrem Inhalt irgendwie verändert
zu werden, eine Vorschrift des Strafgesetzbuchs sein, wobei natürlich nicht
bestritten werden soll, daß diese dem Fiskus wegen der Verletzung eines
ausdrücklichen Verbotsgesetzes zu leistende Zahlung mit einer Geldstrafe
keinesfalls identisch ist. Handelt es sich aber um eine Vorschrift, die sich
auf das öffentliche Recht bezieht, so ist sie durch das B.G. B. nicht beseitigt,
und dieses Ergebnis entspricht dem Rechtsgefühl um so mehr, als es wenig
wünschenswert wäre, daß ein Verbotsgesetz, das so ernst gemeint ist wie
das im Art. 32 gegebene Verbot und bei dem so schwerwiegende öffent-
liche Interessen beteiligt sind, ohne alle und jede Rechtswirkung im Falle
der absichtlichen Verletzung bleiben sollte. Die territoriale Begrenzung des
Allgemeinen Landrechts dürfte seiner Anwendung in allen den Fällen nicht