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handlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle, der
Steuerflucht und der Zuwiderhandlung gegen die Ausfuhrverbote.
Strafversahren, welche vor dem heutigen Tage begangene Straftaten zum Gegenstand
haben, von der vorstehenden Niederschlagung aber nicht betroffen werden, können von der
vorläufigen Volksregierung niedergeschlagen werden. Dem Justizministerium sind in allen
geeigneten Fällen Niederschlagungsvorschläge zu unterbreiten. Die vorläufige Volksregierung
wird von ihrer Befugnis namentlich in Fällen Gebrauch machen, in denen die Beschuldigten
Kriegsteilnehmer sind oder die Straftat unter dem Drucke der Kriegszeit aus Not, nicht aus
Gewinnsucht oder niedriger Gesinnung, begangen haben.
Karlsruhe, den 2. Dezember 1918.
Badische vorläufige Volksregierung.
Geiß, Marum,
Präsident. Juslizminister.
Verorduung.
(Vom 6. Dezember 1918.)
Vorläufige Neuregelung des gesamten Kraftfahrwesens der Volksregierung Baden betreffend.
Die große Knappheit an Gummibereifungen und an Betriebsstoffen wie Benzol, Benzin,
Schwerbenzin, Petroleum, Ol, Fett usw., ferner mit Rücksicht darauf, daß diese Stoffe zur
Aufrechterhaltung und Neueinrichtung gewerblicher Betriebe notwendig sind, um die große Zahl
der Arbeitslosen wieder beschäftigen zu können, zwingen die Regierung zu besonderen Maß-
nahmen.
Alle im Bercich der Volksrepublik Baden befindlichen, früher der Heeresverwaltung
gehörenden Kraftfahrzeuge stehen unter dem Schutze der badischen Volksrepublik, sind unter
Kontrolle des Ministeriums für militärische Angelegenheiten, Abteilung Kraftfahrzeuge, und
tragen besondere Kennzeichen.
Da es feststeht, daß viele Kraftwagen, besonders Personenkraftwagen, zu Zwecken ver-
wendet werden, die mit der heutigen schwierigen volkswirtschaftlichen Lage nicht im Einklang
stehen, wird der gesamte Kraftfahrbetrieb der Volksrepublik Baden ab 15. Dezember gesperrt.
Die weitere Benutzung von Kraftfahrzeugen jeglicher Art von diesem Termin ab ist
rechtzeitig beim Ministerium für militärische Angelegenheiten, Abteilung Kraftfahrzeuge, zu
beantragen.
Die Dringlichkeit der Weiterbenutzung ist eingehend zu begründen und von der zuständigen
Behörde zu bestätigen, ferner ist dem Antrag ein National des Kraftfahrzeuges nach einem
noch näher zu bezeichneten Muster beizufügen.
Um durch die getroffenen Anordnungen eine Störung des unbedingt notwendigen Verkehrs
von Kraftfahrzeugen zu vermeiden, haben nachfolgende Stellen vorläufige Weiterbenutzung der
ihr zur Zeit zur Verfügung stehenden Kraftfahrzeuge beim Ministerium für militärische An-
gelegenheiten, Abteilung Kraftfahrzeuge, sofort — eventuell telegrafisch — zu beantragen.