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Am 3. Juni 1876 übergab Advocat Köth zu Lohr Namens des Beklaglen eine Denk-
schrift, in welcher er den Antrag stellte, auszusprechen, daß ein Competenzconflict nicht
gegeben sei.
Es wird darin hervorgehoben, daß das Bezirksgericht Lohr im vorliegenden Falle
keineswegs den Rechtsbestand der fiscalischen Forderungen, sondern als Vollstreckungsgericht —
Art. 840 der Prozeßordnung — nur die Vollstreckbarkeit der fraglichen Forderungen, resp.
des betreffenden rentamtlichen Ausstandsverzeichnifes geprüft und nur wegen desfallsigen
Ungrundes die Arrestrechtfertigungs= und Einweisungsklage bezüglich der Posten von 325 fl.
und 13. fl. 2 kr. abgewiesen habe; daß nach Art. 885 der Prozeßordnung im Vollstreckungs-
verfahren nur solche Einreden zur Competenz der Verwaltungsbehörden gehörten, welche
die Frage betreffen, ob die Forderung qu. überhaupt oder in der angesprochenen Größe ur-
sprünglich entstanden sei, alle sonstigen Anstände aber von dem Vollstreckungsgerichte zu ent-
scheiden seien, im vorliegenden Falle aber, wie bemerkt, das Bezirksgericht keine dem Ver-
waltungsgebiete vorbehaltene Frage entschieden habe.
Von dieser Denkschrift des Beklagten wurden der Kläger und die k. Regierung in
Kenntniß gesetzt und wurden sodann die Acten am 10. Juli l. J. an den k. Generalstaats-
anwalt am obersten Gerichtshofe eingesendet.
Nach dem Aufrufe der Sache in der heutigen Sitzung, in welcher von Seite der richtig
geladenen Parteivertreter Niemand erschienen war, erstattete der zum Referenten ernannte
Nath am obersten Gerichtshofe, Dr A. von Langlois, Vortrag, worauf der k. Oberstaats-
anwalt nach Erörterung der Sache den Antrag stellte, auszusprechen, daß in dieser Sache
die Gerichte zuständig seien.
Die oberstrichterliche Prüfung der Sache hat Folgendes ergeben:
Die vom Beklagten gegen das vom k. Rentamte Kissingen unter'm 5. September 1875
für vollstreckbar erkärte Ausstandsverzeichniß vorgebrachten Einwendungen, um welche es sich
nach Maßgabe der den affirmativen Competenzconflict anregenden Entschließung der k. Re-
gierung von Unterfranken und Aschaffenburg vom 14. April 1876 gegenwärtig handelt, sind
darauf gerichtet:
1. daß Beklagter, Johann Schreiner, gegen die Erhebung einer Legatstaxe von 325 fl.
Beschwerde zur k. Regierung erhoben habe und daß diese Beschwerde inhaltlich einer ihm am
10. November 1875 bekannt gegebenen Regierungsentschließung vom 16. April 1875