Beil. XII. 73
insoweit als begründet erachtet worden sei, daß fragliche Tare bis zum Eintritte einer noch
nicht gegebenen Bedingung nur in Vormerkung zu nehmen und im Ausstande zu führen sei;
2. daß dem Beklagten die Forderung von 13 fl. 2 kr. für Taxen 2rc. laut Notifi=
cation des Rentamtes Kissingen vom 21. November 1875 mit Regierungsgenehmigung nach-
gelassen worden sei.
Für die Beantwortung der Frage, ob das k. Bezirksgericht durch seine Entscheidung
über fragliche Streitpunkte in der That seine Zuständigkeit überschritten habe, ist die Vor-
schrift des Art. 885 Abs. 2 der Prozeßordnung maßgebend.
Dieser Artikel bestimmt, daß Einwendungen gegen die Vollstreckung, welche den Rechts-
bestand oder die Auslegung der Entscheidung der Verwaltungsbehörde oder die Frage be-
tressen, ob die Forderung, für welche die Vollstreckung überhaupt oder in der angefochtenen
Größe ursprünglich entstanden ist, soweit das Verhältniß, in welchem die Forderung
ihren Grund hat, dem Verwaltungsgebiete angehört, bei der betreffenden Verwaltungsbehörde
anzubringen seien, über alle sonstigen Anstände und Streitigteiten aber das Vollstreckungs=
gericht zu entscheiden habe.
Prüft man nun den Inhalt der oben erwähnten Einwendungen des Beklagten, so er-
gibt sich, daß dieselben nicht gegen den ursprünglichen Rechtsbestand des als vollziehbar
erklärten Ausstandsverzeichnisses gerichtet sind, sondern sich auf Thatsachen stützen, welche erst
nach der Vollziehbarkeitserklärung des k. Rentamtes Kissingen vom 5. September 1875 für
den Beklagten existent geworden sind.
Solche Einwendungen gegen die Vollstreckung einer vollziehbaren Urkunde einer Ver-
waltungsbehörde, welche erst nach Fertigung der vollstreckbar erklärten Urkunde existent ge-
worden sind, und welche gemäß Art. 868 der Prozeßordnung die verfolgte Partei zum Wider-
spruche gegen die Vollstreckung berechtigen, sind nicht nur nach dem Wortlaute des Gesetzes
sondern auch nach dem Inhalte der Verhandlungen des Gesetzgebungsausschusses (vgl. Verh.
d. K. d. Abg. Beil. Bd. III Abth. 3 S. 447 und 448) bei den Gerichten anzubringen und
es kann daher in dem vorliegenden Falle von einem Uebergriffe des k. Bezirksgerichts Lohr in
die Geschäftssphäre der Administrativbehörden um so minder die Rede sein, als
a) die beiden Einwendungen sich auf Erlasse der dem k. Rentamte Kissingen vor-
gesetzten Administrativbehörde basiren und das k. Bezirksgericht Lohr den Inhalt
dieser Erlasse seiner Entscheidung als Grundlage unterstellte;