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Die Beklagten opponirten die Einrede der Gerichtsunzuständigkeit, weil die Kreisregie-
ungen die Kuratel über das Stiftungsvermögen, auch wenn dieses lediglich den Interessen
von Privaten dienen soll, zu führen haben, denselben also die Aufsicht über die Verwaltung
und Erhaltung und zweckmäßige Verwendung des Stiftungsvermögens zustehe, weßhalb die
t. Regierung von Oberbayern zur Verbescheidung der Sache zuständig sei. Epventuell be-
stritten die Beklagten den Klagsanspruch und stellten insbesondere die Behauptung auf, daß
der Kläger sowie sämmtliche Abkömmlinge des Matthäus Grafen von Joner und seiner
Gattin Regina geb. von Rehm an dem von Wämpel'schen Stiftungsvermögen keinerlei
Rechte geltend machen können, so lange noch Nachkommen der Freiin von Wämpel vorhanden
und unterstützungsbedürftig seien. «
Am 18. Dezember 1873 erließ das k. Bezirksgericht München l., J. folgendes Urtheil:
1. Die Administration der Frhrl. von Wämpelf'schen Familienstiftung ist schuldig
anzuerkennen, daß die zur Descendenz aus der zweiten Ehe des Grafen Matthäus Joner
mit Maria Regina von Rehm gehörigen Glieder der freihrl. v. Pechmanm'schen Familie
männlichen Geschlechts zu dem durch die Stiftungsurkunde vom 3. Juli 1711, 6. October
1713 und 13. September 1714 gestifteten Fonde der Frhrl. von Wämpelsschen Stiftung
und zwar die männlichen zu den stiftungsgemäßen Bezügen aus dem Stipendienfonde, die
weiblichen zu denen aus dem Dotirungs= und Aussteuerfonde im Falle der Dürftigkeit neben
den erstehelichen Descendenten des Grafen Matthäus von Joner berufen und mit der
Einschränkung präsentationsfähig sind, daß die Administratoren einem zu versorgenden Gliede
der Descendenz des Grafen Joner aus erster Ehe mit einer geb. Urfula Katharina
Freiin von Wämpel vorhanden sind, diese bei der Präsentation zu bevorzugen berechtigt find.
2. Im Uebrigen wird die Klage abgewiesen.
In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, die Frage, ob jemand zum Mitgenusse
einer Familienstiftung berechtigt sei, könne nur aus der Stiftungsurkunde und ein Streit hier-
über von den Gerichten entschieden werden.
Wenn die Administratoren im Briefe vom 21. Dezember 1871 behaupten, daß die
Descendenz des Grafen Matthäus von Joner aus dessen zweiter Ehe erst dann zum Mit-
genusse der Stiftung berufen sei, wenn von dessen erstehelicher Descendeuz niemand mehr vor-
handen sei, so bestreiten sie dasjenige Recht, welches Kläger als Glied der zweitehelichen De-
scendenz des Grafen Matthäns von Joner auf Grund der Stiftungs-Urkunde geltend machen,
und darüber haben die Gerichte zu entscheiden.