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Art. 84.
Wer im Besitzprozesse unterlegen ist, kann die Klage auf das Recht erst dann erheben,
wenn er dem gegen ihn ergangenen Urtheile vollständig Genüge geleistet hat, es sei denn,
daß die Verzögerung des Urtheilsvollzugs durch die Gegenpartei veranlaßt wurde.
Offenbarungseid.
Art. 85.
Wenn jemand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbunden ist, einen
Inbegriff von Sachen oder Rechten ganz oder zu einem bestimmten Antheile herauszugeben
oder über dessen Bestand Auskunft zu ertheilen, so kann der Berechtigte von dem Ver-
Pflichteten den gerichtlichen Eid verlangen, daß er alles vollständig und getreulich angeben
wolle, soferne aber der Verpflichtete eine Angabe gemacht hat, den Eid, daß er alles voll-
ständig und getreulich angegeben habe.
Der Eid kann verweigert werden, wenn der Bestand der Vermögensmasse durch ein
Inventar oder in anderer Weise hinlänglich festgestellt erscheint.
Von Ascendenten können weder ihre Abkömmlinge noch deren Vormünder oder Pfleger
einen Offenbarungseid verlangen.
Vergleiche.
Art. 86.
Die vor Gericht abgeschlossenen oder notariell beurkundeten und die von dem Vorstande
der Anwaltskammer gemäß § 49 der Rechtsanwaltsordnung vermittelten Vergleiche gelten
als rechtsförmliche Vergleiche im Sinne des Kap. XVII § 1 der bayerischen Gerichtsordnung.
Die von den in Art. 11 bezeichneten Vermittelungsämtern in der vorgeschriebenen
Form beurkundeten Vergleiche sind als Verträge sofort rechtswirksam; bei denselben finden
jedoch, so lange sie nicht ganz oder theilweise erfüllt sind, die Beschränkungen der Anfechtung,
welche für die in Abs. 1 bezeichneten Vergleiche gelten, keine Anwendung.
Absonderungsrecht der Nachlaßgläubiger und Vermächtnißnehmer.
Art. 87.
Nachlaßgläubiger und Vermächtnißnehmer können Absonderung der Nachlaßgegenstände
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