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Röttingen keine verschließbare Registratur vorhänden und der Zutritt zu derselben nicht
blos dem Gemeindeschreiber, sondern auch anderen Personen stets möglich gewesen sei, da
ferner diese Verhältnisse auch sämmtlichen Magistratsmitgliedern bekannt gewesen, von keinem
derselben aber Abhilfe beantragt worden sei, obwohl gesetzlich „der Magistrat“ für Erhaltung
des Gemeindevermögens zu sorgen verpflichtet sei.
In der öffentlichen Sitzung des Bezirksgerichts Würzburg vom 22. Mai 1878, in
welcher die Sache zur Verhandlung kam, erhob der Anwalt des Beklagten in erster Linie
den Einwand der Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts, indem keine Cidvilrechtssache,
sondern eine Administrativsache in Frage stehe, eventuell wurde auf den früheren materiellen
Einwendungen beharrt. ,
Mit Urtheil vom 4. Juni 1878 erklärte das Bezirksgericht den Beklagten für schuldig,
an die klagende Gemeinde das Saal= und Lagerbuch der Stadt Röttingen von 1750 heraus-
zugeben, eventuell die auf Wiederherstellung eines solchen Buches erwachsenden Kosten vor-
behaltlich der Liquidation derselben zu ersetzen und sämmtliche Streitskosten zu tragen.
Der Einwand der Incompetenz der Gerichte wurde laut der Entscheidungsgründe verworfen,
weil der Klaganspruch auf das der Klägerin zustehende Eigenthum an dem begehrten
Saal= und Lagerbuche, sowie auf eine aus der früheren Eigenschaft des Beklagten als
Bürgermeister von Röttingen entspringende, im Cidilrechte begründete Haftpflicht gestützt
sei, somit eine der richterlichen Entscheidung anheimfallende Civilprozeßsache vorliege. Zur
Sache selbst ist in den Gründen ausgeführt, es sei nicht richtig, daß nicht der Bürgermeister,
sondern der Masistrat für die Verwahrung von Büchern der hier fraglichen Art zu sorgen
habe, indem sowohl nach dem frühern Gemeinde-Edicte (§ 100), als nach der neuen Ge-
meindeordnung (Art. 131) es specielle Aufgabe des Bürgermeisters sei, für die Verwahrung
der zum Inventar gehörigen Bücher zu sorgen; Beklagter könne daher eine Entschuldigung
daraus, daß beim Magistrate Röttingen keine verschließbare Registratur vorhanden gewesen
sein soll, für sich nicht ableiten, da es seine Sache gewesen wäre, wenn ihm die Art der
Verwahrung ungenügend erschien, Maßnahmen für bessere Verwahrung zu treffen oder zu
veranlassen. Einer Beweisauflage darüber, daß dem Beklagten das fragliche Buch in der
That extradirt worden und im Laufe seiner Amtsperiode in dessen Besitz gekommen sei,
bedürfe es nicht mehr, da diese Thatsachen schon aus dem Inhalte der abdbibirten admi-
nistrativen Voracten hervorgingen. Hienach ergebe sich die Haftpflicht des Beklagten als
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