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2) Die Anberaumung eines Termines zum Sühneversuche kann von demjenigen, welcher
eine Privatklage wegen Beleidigung erheben will, nur verlangt werden, wenn er und sein
zu belangender Gegner in demselben Gemeindebezirke wohnen.
Der Beklagte kann sich im Termine durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen,
der Kläger nur dann, wenn er die Unmöglichkeit persönlichen Erscheinens nachweist.
3) Ueber das Ergebniß des Sühneversuchs ist ein Protokoll aufzunehmen, in welchem
die Anwesenheit der erschienenen Personen, die Eigenschaft, in welcher sie erschienen und
im Falle des Zustandekommens eines Vergleiches dessen einzelne Bestimmungen anzuführen sind.
4) Bei Erfolglosigkeit des Sühneversuches ist dem Kläger ein Zeugniß hierüber aus-
zustellen.
Als erfolglos ist der Sühneversuch anzusehen,
a) wenn beide Theile erschienen sind, eine Versöhnung zwischen denselben aber nicht
zu Stande gebracht wurde,
b) wenn zwar der Kläger im Termine erschienen, die beklagte Partei aber aus-
geblieben ist.
5) Das Zeugniß hat ausdrücklich festzustellen, welche der unter Ziffer 4a und b an-
geführten Voraussetzungen im einzelnen Falle gegeben war.
6) Ist der Kläger im Termine ausgeblieben, so unterliegt er der in Art. 100 und
144 der Gemeindeordnung für die Landestheile diesseits des Rheins vom 29. April 1869
bestimmten Geldbuße und kann ein Zeugniß über erfolglos versuchte Sühne nicht bean-
spruchen.
Ob das Ausbleiben im einzelnen Falle (bei Erkrankung, Unglücksfällen u. dergl.) als
ein entschuldigtes angesehen und deßhalb von Zuerkennung der Strafe Umgang genommen
werden kann, bleibt dem Ermessen der Vergleichsbehörde anheimgegeben.
7) Die Verhandlungen und Ausfertigung der Vergleichsbehörde sind gebührenfrei.
8) Die vorstehenden Bestimmungen treten gleichzeitig mit dem Reichs-Gerichtsverfassungs-
gesetze vom 27. Januar 1877 in Kraft.
München, den 5. August 1879.
v. Pfeufer. Dr. v. Fäustle.
Der Generalsecretär:
Ministerialrath v. Röckelein.