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Von einer solchen Streitigkeit kann aber bei einem bejahenden Competenzconflicte,
wie er hier in Frage ist, nur dann die Rede sein, wenn das Gericht in einer bei ihm
anhängigen Sache entweder ausdrücklich erklärt oder wenigstens stillschweigend durch con-
cludente Handlungen zu erkennen gegeben hat, daß es sich in dieser Sache für zuständig
erachte, und wenn dieser Ansicht des Gerichtes entgegen von Seite der Verwaltung die
Zuständigkeit in der fraglichen Sache für sich in Anspruch genommen wird.
Das Wort „Streitigkeit“ setzt schon seinem Begriffe nach eine Verschiedenheit der
beiderseitigen Ansichten, einen Widerspruch zwischen denselben voraus.
Ebenso verhält es sich mit dem Ausdrucke „Competenzconflict“, der zur Bezeichnung
des Gesetzes selbst und des durch dieses geschaffenen Gerichtshofes dient.
In Art. 8 des Gesetzes ist allerdings gesagt:
„Der (bejahende) Competenzconflict kann erhoben werden, wenn in einer
bei einem Gerichte anhängigen Sache der Rechtsweg von den Verwaltungs-
behörden für unzulässig erachtet wird."
Allein hieraus folgt wohl, daß eine Erhebung des Conflictes nicht möglich ist, solange
die Sache bei Gericht überhaupt noch nicht anhängig geworden ist, oder wenn sie nicht
mehr anhängig ist, nicht aber kann jene Bestimmung dahin aufgefaßt werden, daß schon
die bloße Anhängigkeit der Sache bei einem Gerichte genüge, um die Verwaltungsbehörden
zur Erhebung eines Competenzconflicts zu berechtigen, bevor noch eine Differenz der Ansichten
zwischen denselben und den Gerichten zu Tage getreten ist und also von einer Streitigkeit
zwischen beiden über die Zulässigkeit des Rechtsweges die Sprache sein kann.
Eine solche Auslegung des Artikels würde im offenbaren Widerspruche mit dem
erwähnten Inhalte des §F. 17 des Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes sowohl als mit Art. 1
des Landesgesetzes und mit dem Begriffe des Wortes „Conflict" stehen.
In den Motiven des betreffenden Gesetzentwurfes ist auch ausdrücklich gesagt, daß
die Fassung des Abs. 1 des Art. 8 des Entwurfes, (welche in das Gesetz selbst ganz gleich-
lautend übergegangen ist), der Fassung des Reichs-Gerichtsverfassungsgesetzes (§. 17) an-
gepaßt, dem Sinne nach aber gleichbedeutend mit der Bestimmung in Art. 2 des Gesetzes
vom 28. Mai 1850 sei.
(Beil. Bd. IV S. 878 Sp.2 der Verhandl. der K. der Abg. von 1879).