Beil. VI. 37
zwischen Gerichten und dem Verwaltungsgerichtshofe und mit Anpassung des Verfahrens an
die reichsgesetzlichen Bestimmungen.
Nach der konstanten Auslegung des alten Gesetzes vom 28. Mai 1850 wurde aber
das Wesen eines bejahenden Kompetenzkonfliktes im Sinne der Art. 2 und 5 desselben
gerade in dem Bestehen einer Streitigkeit zwischen den Gerichten und Verwaltungsbehörden
über ihre Zuständigkeit, nämlich darin gefunden, daß die Zuständigkeit in einer und der-
selben Sache einerseits von den Gerichten, andererseits von den Verwaltungsbehörden in
Anspruch genommen werde.
Sollte selbst von Seite der Staatsregierung dem Art. 1 ein von seinem Wortlaute
abweichender Sinn unterstellt worden sein, und auf Seite derselben die Intention bestanden
haben, die Erhebung des Kompetenzkonflikts einzig und allein davon abhängig zu machen,
daß eine Sache bei Gericht anhängig sei und die Verwaltungsbehörden den Rechtsweg für
unzulässig erachten, so würde dieß nicht zu einer von dem Wortlaute abweichenden Auslegung
des Gesetzes berechtigen, da nichts dafür spricht, daß auch auf Seite der Kammern die
gleiche Intention bestanden habe, ja die vorangeführte Aeußerung des Berichterstatters für
den Ausschuß der Kammer der Reichsräthe offenbar eine gegentheilige Intention bekundet.
Unter diesen Umständen ist aber der Richter nach der Vorschrift der Gesetze verbunden,
sich bei seiner Auslegung an den klaren Wortlaut des Gesetzes zu halten.
Da demgemäß eine Streitigkeit über die Zulässigkeit des Rechtsweges zwischen den
Gerichten und Verwaltungsbehörden in dieser Sache zur Zeit nicht vorliegt, war, wie
geschehen, zu erkennen.
Also geurtheilt und verkündet in öffentlicher Sitzung des Gerichtshofes für Kompetenz-
konflikte am 2. Dezember 1880, wobei zugegen waren Dr. von Neumayr, Präsident,
von Decrignis, von Dirrigl, von Freitag, Dr. Groh, Bauer, Reindl,
Räthe, von Küffner, Oberstaatsanwalt, und Frauendorfer, Gerichtsschreiber.
Unterschrieben sind:
Dr. von Neumayr.
Frauendorfer.
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