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Inpfung, durch welche beabsichtigt wird, den an und für sich gefährlichen Krankheitsprozeß
anstatt in den Lungen an einem weniger edlen Körpertheile, in der Regel an dem Schweife,
zu Entwickelung zu bringen, indem man glaubt, daß Thiere, welche den Ansteckungsstoff
duch die Impfung in ihren Körper aufgenommen und in dieser milderen Form überwunden
lahen, in derselben Weise vor einer abermaligen Erkrankung geschützt seien, als ob sie die
genseuche in ihrem natürlichen Verlaufe überstanden hätten. Ueber den Werth der
Inpfung sind die Ansichten der Sachverständigen noch immer getheilt; frühzeitig angewandt
hat sie vielfach zur Abkürzung der Seuche und zur Verminderung der Verluste beigetragen.
Wch stattgehabter Aufnahme des natürlichen Ansteckungsstoffes ist die Impfung gewöhrlich
ohne Erfolg. Die Wirkung der Impfung pflegt sich gewöhnlich in der dritten oder vierten
Boche an der Impfstelle zu zeigen. Eine Uebertragung der Lungenseuche durch geimpftes
(ucht bereits erkranktes) Vieh ist noch nicht beobachtet worden.
Bei der Lungenseuche kommt der Ansteckungsstoff aus den kranken Lungen beim Aus-
echmen und geht in die gesunden Lungen anderer Thiere beim Einathmen; so vollzieht sich die
Austeckung in der Regel unmittelbar bei den in der Nähe kranker oder genesener Rinder
stechenden Biehstücken, besonders in Ställen. Eine mittelbare Ansteckung ist bei der Lungenseuche
sehr selten; kalte Kadavertheile und Abfälle stecken selbst durch Berührung nicht an; nur die
Haut kann an der behaarten Fläche Ansteckungsstoff aufgenommen haben und dann unter
Umständen eine Ansteckung vermitteln, wie andere giftfangende Sachen. Mit den Kleidern
wird der Ansteckungsstoff nur in die Nähe von einem Stalle zum andern verschleppt.
Je mehr die zum Einathmen gelangende Luft mit Ansteckungsstoff erfüllt ist, desto
sicherer und schneller erfolgt die Ansteckung; athmen z. B. mehrere schwerkranke Rinder in
einem kleinen Stallraume, so kann die Ansteckung in wenigen Minuten erfolgen; befindet
sich dagegegen nur ein Individuum mit beginnender oder schon länger überstandener Lungen-
seuche in einem geräumigen Stalle mit guter Ventilation, so können Monate vergehen, ehe
gesunde Thiere in einem solchen Stalle angesteckt werden. Hieraus wird es erklärlich, daß
die Lungenseuche zuweilen erst mehrere Monate nach der Einstellung eines aus einem Seuchen-
stalle stammenden Rindes zum offenbaren Ausbruch kommt. Unter einer Herde auf der
Weide erfolgt die Ansteckung nicht so schnell und so sicher als im Stalle; die Lungenseuche
kann deßhalb unter einer Gemeindeherde, die sich Abends bei der Rückkehr von der Weide
in viele einzelne Ställe der Besitzer vertheilt, einige Jahre herrschen, ehe sie in allen ein-