Beil. III. 23
Zur Stellung einer derartigen Vorfrage wäre aber bloß dann Anlaß gegeben, wenn
die Möglichkeit vorliege, daß die Handlung der Behörde, aus welcher ein Klagerecht gegen
das Staatsärar oder die Gemeinde abgeleitet werden wolle, eine den Befugnissen und
Pflichten dieser Behörde entsprechende gewesen sei, und wenn daher die oberen Administrativ-
behörden, welche allerdings zunächst über Beobachtung der dienstlichen Pflichten oder Ueber-
schreitung der amtlichen Befugnisse zu entscheiden hätten, in der That eine in dieses Gebiet
fallende Vorfrage ihrer Entscheidung unterbreitet sehen.
Hievon könne jedoch hier keine Rede sein, weil es sich nicht um eine Verletzung
amtlicher Pflichten, sondern um Außerachtlassung der jeden vernünftigen Menschen zur
Pflicht gemachten Vorsicht handle und eine solche Fahrlässigkeit auch nicht die amtliche
Prärogative einer Behörde bilden könne.
In einem derartigen Falle komme die sonst zu verneinende Möglichkeit, daß der Richter
die Berechtigung einer Administrativverfügung prüfen dürfe, für das urtheilende Gericht von
vorne herein gar nicht in Frage.
Bei Prüfung der Frage nun, ob sich der Stadtmagistrat bei Bewilligung der
bezeichneten Trambahn einer Fahrlässigkeit schuldig gemacht habe, ergebe sich, daß solche zu
verneinen sei, insonderheit mit Rücksicht auf den Umstand, daß demselben die Unfälle,
welche Schienenrinnen durch Einklemmen von Hufeisen hervorzurufen vermögen, unbekannt
geblieben seien und daß die Techniker der Stadtgemeinde über die Gefährlichkeit der
angewendeten engeren Schienenrinnen für Pferde sich, ohne daß ihnen hieraus ein Vorwurf
zu machen wäre, nicht klar sein konnten.
Nach Partei-Erklärung ist das landgerichtliche Urtheil vom 19. Dezember 1883 am
31. Dezember jenes Jahres zugestellt worden.
Gegen dasselbe legte der klägerische Vertreter, insoweit es die Stadtgemeinde
München betrifft, ebenso der Vertreter der mitbeklagten Aktiengesellschaft wegen
deren Verurtheilung Berufung ein, während der Bertreter der Stadtgemeinde, weil
er eine Justizsache nicht hiefür vorliegend erachte, sich der klägerischen Berufung anschließen
zu wollen erklärte.
Ehe indessen die Verhandlung über die eingelegten Berufungen vor dem k. Ober-
landesgerichte München stattfand, gab die k. Regierung von Oberbayern, Kammer des