Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Einundzwanzigster Jahrgang. 1905. (46)

       Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 17.—19.) 11
 
jährlich aufzubringen. Die Gehaltsaufbesserung besteht in Verkürzung der 
Vorrückungsfristen und in Erhöhung der Sätze der letzten Dienstalters- 
stufen. Außerdem bestimmt der Entwurf, daß bei den Schulstellen, mit 
denen noch der Mesnerdienst verbunden ist, die Trennung der beiden Dienste 
zum 1. April d. J. zu erfolgen hat. 
              17. Januar. (Weimar.) Großherzogin Karoline, geb. Prin- 
zessin Reuß, 20 Jahre alt, an Influenza . 
             17./20. Januar. (Reichstag.) Budgetkommission. Debatte 
über Südwestafrika. 
            Die Kommission bewilligt Indemnität für mehrere durch den Krieg 
hervorgerufene Ausgaben: 62 031 000 Mark infolge der Verstärkung der 
Schutztruppe, 15 Millionen Mark zur Wiederherstellung der Eisenbahn 
Swakopmund-Windhuk. Abgelehnt werden gegen die Stimmen der Kon- 
servativen am 19. 200 000 Mark zu Vorarbeiten einer Eisenbahn von 
Windhuk nach Rehoboth. Diese Vorarbeiten sollten geliefert werden von 
der Firma Arthur Koppel, welche zu diesem Zwecke eine Studienkommission 
nach Südwestafrika geschickt hat. Wie aus dem mit dieser Firma geschlos- 
senen Vertrage hervorgeht, sind 130 000 Mark bereits gezahlt, welche nach 
dem Kommissionsbeschluß zurückgezahlt werden müssen. Die Kommission 
erklärt, daß der Abschluß dieses Vertrages mit der Firma Koppel ohne 
vorhergehende Genehmigung des Reichstages unter keinen Umständen durch 
die Verhältnisse des Aufstandes gerechtfertigt werden könnte, weil es sich 
um Vorarbeiten handelt für eine Bahn, deren Fertigstellung zweifellos erst 
jahrelang nach völliger Niederwerfung des Aufstandes zu erwarten ist. — 
In der Beratung werden scharfe Angriffe gegen die Regierung erhoben, 
die das Budgetrecht des Reichstags schmälern wolle. Kolonialdirektor 
Stübel erkennt an, daß bei Abschluß des Vertrags ein Fehler begangen 
sei. — Am 20. bewilligt die Kommission 3 Millionen für die geschädigten 
Ansiedler anstatt der geforderten fünf, und zwar soll die Summe nicht als 
Entschädigung, sondern in der Form von Notstandsgeldern gegeben werden. 
               19. Januar. (Reichstag.) Staatssekretär Krätke teilt über 
das Kapital und die Verzinsung der Reichspost mit: 
         Das im Gesamtbetriebe steckende Kapital betrage 652 Millionen Mark, 
davon arbeiteten in der Post 230, in der Telegraphie 143, im Fernsprech- 
wesen 279 Millionen. Das in der Post angelegte Kapital verzinse sich 
gut, die Telegraphie erfordere einen Zuschuß, der Telephonbetrieb fange 
an, einen Überschuß zu liefern. 
              Januar. (Preußen.) Konflikt zwischen Berliner Geistlichen 
und dem Evangelischen Oberkirchenrat. 
              Ein liberaler Geistlicher Fischer hatte auf dem 22. Deutschen 
Protestantentag einen Vortrag gehalten, der den Gemeinderat veranlaßte, 
beim brandenburgischen Konsistorium über Fischer Beschwerde zu führen. 
Er hatte als seine Ueberzeugung ausgesprochen, daß Christus als Mensch 
anzusehen sei. 
               Das Konsistorium erläßt eine Verfügung an Fischer, worin es heißt: 
Sie konnten sich kaum verhehlen, daß Ihre Ausführungen in dem in Rede 
stehenden Vortrage das religiöse Gefühl aller bekenntnistreuen Gemeinde- 
glieder auf das tiefste verletzen und ein weithin gehendes Ärgernis ver- 
ursachen würden. Da dieselben aber den Eindruck nicht nur mangelnder 
Besonnenheit, sondern auch unzulänglicher christlich-theologischer Durch- 
 
 
	        
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