Object: Archiv für öffentliches Recht. Band 35 (35)

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dieser Rechtsschutz darf nicht mißbraucht werden: Lug und Trug 
unter seinen Schutz zu nehmen, hat der Staat nicht den min- 
desten Anlaß. Es kann nun folgender Fall vorkommen '”: Je- 
mand ist zum Vormund eines in der Tat nieht mehr Minderjäh- 
rigen bestellt worden. Ein Dritter, der genau weiß, daß der an- 
gebliche Mündel volljährig und die Bestellung des Vormundes 
ungerechtfertigt ist, kauft von dem V unter Genehmigung des 
Vormundschaftsgerichts ein Haus und erhält es aufgelassen. Das 
Rechtsgeschäft ist nach $ 138 BGB. nichtig, weil es gegen die 
guten Sitten verstößt; und diese Sittenwidrigkeit wird durch den 
Staatsakt der Genehmigung nicht geheilt, weil dieser nur ein Ak- 
zessorium des Privatrechtsgeschäfts ist, mit dessen Ungültigkeit 
auch er zusammenfällt. Diese Rechtsfolge der Nichtigkeit muß 
erst recht dann eintreten, wenn der V seine Vertretungsmacht miß- 
braucht und der Dritte an diesem Dolus teil genommen hat, d. h. 
wenn beide absichtlich zum Nachteil des zu Unrecht Bevormun- 
deten kolludieren, z. B. einen ihm ungünstigen Vertrag mit- 
einander abschließen. Hier darf der Dritte nach den allgemeinen 
Grundsätzen der Arglist aus dem Geschäft keinen Vorteil ziehen : 
dieses ist nach & 138 für nichtig zu halten!®. Hat der Vormund 
des nicht entmündigten Volljährigen dolos, d. h. in Kenntnis 
seiner mangelhaften Vertretungsmacht für diesen ein ihm nach- 
teiliges Geschäft abgeschlossen, so ist es schon wegen des nun- 
mehr kraft Gesetzes eintretenden Verlustes der sonst nach $ 1893 
BGB. bereitgestellten Legitimationsbefugnis für unwirksam zu 
halten, wenn es nicht vom Geschäftsherrn bestätigt wird. 
  
  
177 RAUSNITZ, Komm. zu $ 32 Anm. 6. 
178 Im Ergebnis ebenso: Joser, Komm, zu $ 32 N. 7; ders. in ZZP. 
30 S. 115, 117; ARoN bei GRUCHOT 45, 602 und RGE. Bd. 9 S. 149, 185. 
Lediglich eine exceptio doli in einem solchen Falle anzunehmen, erscheint 
zu schwach. Hier liegt nicht einmal äußerlich ein „juristischer Tatbestand 
für den Eintritt der Rechtsfolgen vor, der aber innerlich mit einem Ele- 
mente behaftet ist, das zur Austilgung seiner Rechtswirkung führen kann“ : 
REGELSBERGER, Pandekten I (1893) $ 118 Nr. 7 8. 439. 
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