Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1891. (18)

M 36. 333 
4. In den folgenden vier Klassen (6—9) tritt die Lektüre der Schriftsteller mit er- 
höhter Bedeutung in den Vordergrund; doch sind auch zur Erhaltung und Befestigung der 
sprachlichen Kenntnisse Uebungen im Uebersetzen in das Lateinische unter steter Wiederholung 
und Bezugnahme auf die Grammatik in mäßiger Ausdehnung und zwar eine Stunde 
wöchentlich fortzusetzen. 
5. Beim Uebersetzen der Autoren ist auf die Richtigkeit und Angemessenheit des 
deutschen Ausdrucks sorgfältig Rücksicht zu nehmen. Bei der Erklärung kommt es darauf 
an, die Schüler zu vollständigem sprachlichen und sachlichen Verständnisse des Gelesenen zu 
bringen, so daß sie über den Inhalt und Gedankengang eines Schriftwerkes in geordneter 
Rede Rechenschaft zu geben im Stande sind. Auf solche Weise sollen die Schüler durch 
die Lektüre zugleich einen Einblick in das kulturelle Leben der alten Welt erhalten. 
6. Die Schriftsteller und Schriftwerke, aus welchen für die einzelnen Klassen eine 
Auswahl zu treffen ist, jedoch so, daß Prosa und Poesie immer in gleicher Weise Berück- 
sichtigung finden, sind folgende: 
7. für die sechste Klasse: Caesar de bello civili, Curtius, Livius, Ovid; 
8. für die siebente Klasse: Livius, Sallustius; von Cicero kleinere Reden, Vergil; 
9. für die achte Klasse: Cicero's Reden, Chrestomathie aus Plinius, Horaz' Oden; 
10. für die neunte Klasse: Cicero, Tacitus, Horaz' Satiren und Episteln. 
11. Autoren, welche für eine niedere Stufe bestimmt sind, können auch in einer 
höheren Klasse behandelt werden, aber so, daß in rascherem Zuge gelesen und mehr die 
Komposition des Ganzen in das Auge gefaßt wird. 
12. Mehr als zwei lateinische Schriststeller nebeneinander zu lesen, ist nicht gestattet. 
13. Schriftliche Uebersetzungen besonders schwieriger oder lehrreicher Abschnitte sind 
von Zeit zu Zeit von den Schülern zu verlangen. Unzulässig ist, eine fortlaufende Ueber- 
setzung zu diktiren. 
14. Ausgewählte Stellen der Autoren, namentlich Oden des Horaz, sollen von den 
Schülern dem Gedächtnisse eingeprägt werden. 
§ 11. 
Französische Sprache. 
1. Dem Unterrichte im Französischen ist das Ziel gesetzt, den Schülern eine bis zur 
korrekten Uebersetzung aus dem Deutschen ins Französische gesteigerte Kenntniß der fran- 
zösischen Sprache beizubringen, dieselben mit den hauptsächlichsten Werken der klassischen fran- 
zösischen Literatur bekannt zu machen und sie zum mündlichen Gebrauche der französischen 
Sprache in dem für den Verkehr im Allgemeinen zu beanspruchenden Umfange zu befähigen. 
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