Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1893. (20)

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Jeder Veräußerung von Grundbesitz hat eine Abschätzung durch Sachverständige voraus- 
zugehen und der erzielte Erlös muß in anderweitigem Grundbesitze dem Fideikommisse bald- 
möglichst wieder einverleibt, bis dahin aber deponirt werden. 
Bei Veräußerung von Gemälden ist jede Vertauschung untersagt und darf nur ½ des 
Erlöses zum Wiederankauf von Gemälden verwendet werden, wogegen der Rest dem Kapital- 
stocke einzuverleiben oder in rentierlichem Grundbesitze anzulegen ist. 
4. Im Interesse der Familie wird ein Familienrath organisirt, welcher aus 
dem Fideikommißbesitzer, gegebenenfalls dessen Vormund oder Kurator als Vorsitzenden, dem 
Fideikommißfolger, wenn dieser Descendent des Fideikommißbesitzers und großjährig ist — 
und den Apanagirten besteht, mindestens alle sechs Jahre zu einer förmlichen Sitzung zu- 
sammentreten muß, außerdem aber auch bei Bedarf im Wege der Korrespondenz zur Ab- 
stimmung veranlaßt werden kann und mit absoluter Stimmenmehrheit beschließt. 
Nur solche Mitglieder, welche sich außer Deutschland aufhalten, können sich vertreten 
lassen und zwar lediglich durch ein anderes Mitglied des Familienrathes. 
Wer in einer Sitzung ohne sonstige Vertretung ist, wer Deutschland verläßt ohne 
einen Vertreter aufzustellen und wer binnen der vorgesetzten Frist der Aufforderung zur 
schriftlichen Abstimmung nicht nachkommt, überträgt damit seine Stimme dem Fideikommiß- 
besitzer, welchem bei Stimmengleichheit auch der Stichentscheid zusteht. 
Der Familienrath hat über die Vertheilung der Renten des Unterstützungsfonds beie 
Behinderung des Fideikommißbesitzers nach § 2 lit. c, ferner über den Forstetat Beschluß 
zu fassen sowie Streitigkeiten zwischen dem Fideikommißbesitzer und Apanagirten über 
Ordnungswidrigkeiten in der Verwaltung und Nutzung des Fideikommisses, Streitigkeiten 
über die Erziehung von Apanageanwärtern, über Witthume und Wittwvensitze, Alimentationen 
weiblicher Familienglieder und über Auseinandersetzung mit den Allodialerben des Fidei- 
kommißvorgängers zu schlichten. 
Anträge und Beschwerden von entfernteren Familienangebörigen über ordnungswidrige 
Verwaltung und Nutzung kommen nur dann zur Beschlußfassung im Familienrath und 
eventuell zur Entscheidung des Schiedsgerichtes, wenn ein Apanagirter sie sich aneignet. 
Der Fideikommißbesitzer, welcher den Familienrath nicht mindestens alle sechs Jahre 
einmal zusammenruft oder die Leitung einer Sitzung oder den Vollzug eines Beschlusses 
unterläßt, unterliegt einer vom Schiedsgericht über ihn auszusprechenden Ordnungsstrafe 
von 1000 JX bis 1500 „X, welche dem Unterstützungsfond (8 2 lit c) zufällt. 
5. Streitigkeiten zwischen dem Fideikommißbesitzer und den übrigen Interessenten oder 
zwischen den letzteren unter sich über statutenmäßige Ansprüche oder über Auslegung des 
Statuts können nicht vor den Gerichten zum Austrag gebracht werden, sind vielmehr, soweit
	        
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