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Denkschrift der Regierung zugegeben, allerdings mit der Einschränkung, daß der Zufall auch
dann ausgeschlossen wäre, wenn das Verschulden eines Amtsgehilfen in Mitte läge.
Weiter betont die Denkschrift, daß die Behauptung der Klage, der Kassendefekt sei
durch einen Zufall und nicht durch das Verschulden des Klägers verursacht worden, angesichts
der gegentheiligen, allein maßgebenden Feststellung, welche von der zuständigen Aufsichtsstelle
in dem Haftungsbeschlusse vom 13. September 1894 vorgenommen wurde, keine Beachtung
finden könne. Allein die Fragen, ob der Kläger den von ihm ersetzten Kassendefekt auf
einen Zufall zurückzuführen vermag, ob er hieran nicht durch die Feststellungen der zuständigen
Aufsichtsbehörde, insbesondere durch die in dem Beschlusse vom 13. September 1894 ent-
haltene, nur der ihm vorgesetzten Verwaltungsbehörde zustehende Entscheidung über sein dienst-
liches Verschulden, und durch sein eigenes Anerkenntniß gehindert wird, ferner ob er nicht
für die Handlungen seines Amtsgehilfen auch ohne eigenes Verschulden zu haften hat, haben
ebenso wie die weitere Frage, ob die Voraussetzungen, unter welchen die zufällige Unmöglich-
keit der Leistung die Befreiung des Schuldners bewirkt, hier vorliegen, für den Zuständig-
keitsstreit keine Bedeutung. Die zu Ungunsten des Klägers erfolgende Beantwortung dieser
Fragen mag die erhobene Klage als unbegründet erscheinen lassen, an der für die Zuständig-
keit der Gerichte maßgebenden Thatsache aber, daß in der Klage ein privatrechtlicher Be-
freiungsgrund geltend gemacht ist, kann sie nichts ändern.
Hienach war zu erkennen, wie geschehen.
Also geurtheilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofes für Kompetenz-
konflikte am 9. Mai 1900, an der theilgenommen haben der Präsident Staatsrath von Heller
und die Räthe Radlkofer, Weber, Dr. Haiß, Keller, Kunkel, Morhart, der
Generalstaatsanwalt Martin und als Gerichtsschreiber der Obersekretär Naager.
gez. von Peller.