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34. Geruchs= und Geschmacksabweichungen des Fleisches.
1. Geruch und Geschmack nach bestimmten Futtermitteln. Das Fleisch
von Schweinen, welche reichlich mit Fischen oder Spülicht gefüttert worden sind, riecht und
schmeckt oft fischig und thranig, oder fade und ranzig. Diese Abweichungen treten häufig
erst nach dem Kochen hervor. In höheren Graden ist der Geruch widerlich und das Fett-
gewebe grau oder gelb verfärbt und erweicht.
2. Der Geschlechtsgeruch. Das Fleisch von Ebern und von sogenannten Binnen-
oder Spitzebern, seltener von älteren kastrirten Ebern sowie das Fleisch von Ziegenböcken,
zuweilen auch von Widdern, besitzt meist einen eigenthümlichen, mehr oder weniger auffallenden,
unangenehmen Geruch und Geschmack, der jedoch beim Erkalten des Fleisches stark zurücktritt.
3. Der Geruch nach Arzneimitteln, Desinfektionsmitteln und dergleichen.
Viele Arzneimittel können ihren Geruch dem Fleische mittheilen. Hierher gehören insbesondere
Kampher, Petroleum, Aether, Terpentinöl, Kümmelöl, Anisöl, Chlorpräparate und Karbol-
säure. Ein Theil dieser Stoffe macht sich auch dann im Fleische bemerkbar, wenn dieselben
mit der Athmungsluft aufgenommen wurden. Ferner zieht das Fleisch geschlachteter Thiere
Gerüche an und hält sie fest. Die Geruchsabweichungen können erheblich (widerlicher
Geruch) oder wenig auffallend sein.
Behufs Feststellung der Geruchsabweichungen ist in Zweifelsfällen die Koch-
probe vorzunehmen. Zu diesem Zwecke wird aus dem Muskelfleisch ein flaches, etwa hand-
tellergroßes Stück herausgeschnitten, in reines siedendes Wasser gelegt und in einem sauberen
Gefäße 10 Minuten gekocht. Die dabei entstehenden Dämpfe lassen den etwa vorhandenen
Geruch deutlich erkennen. Bei der Begutachtung von Eberfleisch empfiehlt es sich, die Koch-
probe erst am Tage nach der Schlachtung vorzunehmen.
Bei hochgradigen Geruchs= 2c. Abweichungen ist das Fleisch als untauglich zum Ge-
nusse für Menschen zu erklären (§ 30 Nr. 2, § 33 Nr. 16). Die Beurtheilung des
Fleisches bei geringgradigen Abweichungen steht dem Thierarzte zu (8 31).
35. Fäulniß und ähnliche Zersetzungsvorgänge, Verschimmelung.
Erfolgt die Ausweidung der Thiere nicht alsbald nach dem Eintritte des Todes, so
dringen vom Darmkanal aus Fäulnißkeime in das Fleisch ein. Auch an der Oberfläche
desselben kann die Fäulniß einsetzen. Dies geschieht besonders dann, wenn das Fleisch in
feuchtwarmen, dumpfen Räumen aufbewahrt wird, ungenügend ausgeblutet ist, von kranken
Thieren herrührt, oder wenn bei der Ausschlachtung nicht mit gehöriger Sauberkeit ver-
fahren wurde. Fauliges Fleisch ist gekennzeichnet durch schmutzig-graue oder grünliche Farbe,
weiche, schmierige Beschaffenheit und fauligen Geruch. Die Fäulniß kann auf die Ober-
fläche beschränkt oder in die Tiefe gedrungen sein. Bei der Fäuluiß bilden sich Gifte, die
auch durch Kochen nicht zerstört werden.