Full text: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. 1902. (29)

M 43. 647 
f)Gang. Pferde, die an den Vorderfesseln verstellt und knieweit sind, sich aber an den 
Vorderknieen und Fesselköpfen nicht schlagen, sind brauchbar für alle Klassen, andernfalls 
nur bedingt als Reitpferde II und Zugpferde II. 
g8) Athem. Reitpferde und Zugpferde I müssen auf Athem gesund sein. 
hn) Rheumatische Pferde sind für den Militärdienst untauglich. 
5. Answahl. 
Die bei den Vormusterungen zur Vorführung gelangenden Pferde sind größtentheils 
zu ländlichen oder anderen schweren Arbeiten benutzt worden. Sie werden vielfach mager, 
schlecht im Haar und in der Pflege vernachlässigt sein. Hierzu kommt auf dem Lande 
schlechte oder gar keine Hufpflege, beziehungsweise minderwerthiger Beschlag. Dieses sind 
jedoch nur Aeußerlichkeiten, die bei späterer guter Pflege bald schwinden; maßgebend für die 
Beurtheilung bleibt immer das Gebäude des Pferdes. Tiefgerippte, geschlossene Pferde, selbst 
wenn sie zur Zeit überarbeitet sind, werden doch mit Nutzen für Mobilmachungsformationen 
zu verwenden sein. 
Bei ländlichen Besitzern werden die Pferde nach der Herbst= und Frühjahrsbestellung 
und nach der Ernte meist in schlechter Verfassung sein. In städtischen Bezirken und wo 
die Pferde vornehmlich auf harten Straßen benutzt werden, gehen sie vielfach klamm auf 
den Hufen (pflastermüde). Bei sonst gutem Huf und wenn der mangelhafte Gang nicht 
eine Folge schlechten Gebäudes ist (steile, kurze Schulter mit schlecht angesetztem Querbein), 
kann hierüber hinweggesehen werden. Tritt das Pferd aber nicht frei aus der Schulter 
heraus, so ist es als Soldatenpferd minderwerthig, meist sogar unbrauchbar. 
Im Allgemeinen ist bei der Auswahl der Pferde der Grundsatz zu beachten, daß sie 
dem beabsichtigten Gebrauch möglichst entsprechen müssen, und daß ein unwesentlicher Fehler 
der für Friedenszwecke das Pferd von der Annahme ausschließen würde, für Mobilmachungs- 
zwecke nur selten einen Grund zur Zurückstellung abgeben kann. 
6. Haftbarkeit für gesetzliche Fehler. 
Bei der auf Grund des Kriegsleistungs-Gesetzes stattgefundenen zwangsweisen Ge- 
stellung haftet der letzte Besitzer nicht für das Vorhandensein derjenigen Eigenschaften beim 
Pferde, deren Fehlen nach den gesetzlichen Bestimmungen bei freiwilligem Verkauf ein Rück- 
gängigmachen des Handels oder eine Regreßpflicht des Verkäufers begründet. 
Es ist daher die Rückgabe eines zwangsweise angekauften Pferdes und die Rückforderung 
des gezahlten Schätzungspreises nicht statthaft, auch wenn innerhalb bestimmter Fristen eine 
der nach den gesetzlichen Bestimmungen sonst den Rückgang des Kaufes bedingenden Krank- 
heiten nachzuweisen ist. 
Bei freihändigem Ankauf bleiben indessen die gesetzlichen Bestimmungen der Gewähr- 
leistung in Kraft. 
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