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Blöchinger habe der Vater des Beklagten, Johann Baptist Diendorfer, das Anwesen
und das Gemeinderecht durch Tausch erworben. Nach dem Tode des Vaters sei das An—
wesen auf dessen Wittwe Maria Diendorfer übergegangen, und diese habe es im Jahre 1889
dem Beklagten übergeben. Das Gemeinderecht sei stets mit dem Anwesen Haus Nr. 1
verbunden gewesen und von dessen Eigenthümern genutzt worden. Der Kläger sei Eigen-
thümer eines neuen Anwesens, Haus Nr. 1½, dem niemals ein Gemeinderecht zugestanden
habe. Nutzungsberechtigt seien überhaupt nur sechs Häuser. Wahr sei, daß der Beklagte
vor zwei Jahren einen Antheil an dem Erlöse des gefällten Gemeindeholzes mit 220 #
erhielt. Damals sei der Schwiegervater des Klägers, Ludwig Ranzinger, Verwalter des
Gemeindevermögens gewesen, und dieser habe die 220 MX dem Beklagten als seinen Antheil
selbst ausgehändigt. Diese Thatsache spreche für die Richtigkeit der Behauptungen des Be-
klagten. Uebrigens habe Ludwig Ranzinger wegen dieses Gemeinderechts schon im Jahre 1886
einen Rechtsstreit bei dem Amtsgerichte Freyung geführt, ihn aber verloren. Es werde be-
antragt, die Akten über diesen Rechtsstreit zu erholen
Der Anwalt des Klägers beantragte in seinem Schriftsatze vom 17. Mai 1901, die
Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen. Er führte aus, die Einrede wäre
begründet, wenn es sich um ein Recht handeln würde, das sich auf den Gemeindeverband
gründet (Art. 33 der Gemeindeordnung). Dies sei aber nicht der Fall. Der Kläger stütze
sein Recht auf einen mit dem Besitzer des Hauses Nr. 1 geschlossenen Kaufvertrag und auf
Vererbung. Der Umstand, daß das Gemeinderecht im Grundsteuerkataster bei dem Hause
Nr. 1 eingetragen blieb, sei belanglos, weil der Kataster den Beweis des Eigenthums nicht
liefere. Die Ortsgemeinde Zwölfhäuser bestehe aus neun Anwesen. Hievon hätten seit
unvordenklichen Zeiten nur sechs Antheil an den Gemeindenutzungen. Hieraus ergebe sich,
daß das Nutzungsrecht sich nicht auf den Gemeindeverband gründet; sonst müßte jedem Ge-
meindebürger das gleiche Recht zustehen. Das Recht beruhe zweifellos auf einem seinerzeit
von den Betheiligten geschlossenen Vertrage. Dafür spreche auch die vor einigen Jahren
erfolgte Zertrümmerung des Hauses Nr. 6 in Zwölfhäuser. Damals sei das Haus mit
mehreren Grundstücken ohne das Gemeinderecht verkauft und dieses zu dem früheren Inhause
gezogen worden, mit dem es noch jetzt verbunden sei. Würde es sich um ein Recht im
Sinne des Art. 33 der Gemeindeordnung handeln, so wäre dies nicht möglich gewesen.
Schließlich wird noch Beweis durch Zeugen dafür angetreten, daß der Kläger das Recht
auf den Antheil an den Gemeindenutzungen bis in die jüngste Zeit ohne Beanstandung
ausgeübt hat.
Der zur Verhandlung der Sache auf den 1. April anberaumte Termin wurde auf
den Antrag der Anwälte wiederholt verlegt, zuletzt auf den 4. November 1901. Am
23. Oktober ging bei dem Gerichte eine Entschließung der Regierung von Niederbayern,
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