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Es ist ferner vollkommen richtig, daß die rechtliche Form, in der der geltend gemachte An—
spruch auftritt, für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs bedeutungslos ist
und daß insbesondere auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung die Zuständig—
keit der Verwaltungsbehörden begründet sein kann; im vorliegenden Falle ist aber ent-
scheidend, daß es sich nach der Art der Begründung des erhobenen Anspruchs nicht um eine
„Kondiktion“ handelt, sondern, daß dieser Anspruch sich nur als die rechtlich nothwendige
Folge aus der nach den Klagsbehauptungen erworbenen Dienstbarkeit darstellt. Wenn endlich
in der Denkschrift der K. Regierung darauf hingewiesen wird, daß die Brücke, in Ansehung
deren der Kläger ein Fahrtrecht geltend machte, jetzt den Verkehr auf einem öffentlichen
Wege vermittelt und von Jedermann befahren werden könne, der Kläger also gar kein
Interesse mehr an der Geltendmachung eines auf Privatrechtstitel sich gründenden Sonder-
rechts habe, so kommt dagegen in Betracht, daß die Fragen, ob der Kläger der erworbenen
Dienstbarkeit durch Zuweisung der Brücke zum Gemeingebrauche verlustig geworden ist und
ob für ihn noch ein rechtliches Interesse an der gerichtlichen Geltendmachung seines etwaigen
Sonderrechts besteht, außerhalb der Würdigung des Streites über die Zulässigkeit des Rechts-
wegs liegen, da sie in das Gebiet der materiell-rechtlichen Würdigung des Klaganspruchs
fallen, sohin zum Grunde der Sache selbst gehören. —
Aus diesen Gründen war zu erkennen, daß der Rechtsweg zulässig ist. —
Also geurtheilt und verkündet in der öffentlichen Sitzung des Gerichtshofs für Kom-
petenzkonflikte vom 28. Mai 1902, an der theilnahmen die Räthe Osthelder, stellver-
tretender Vorsitzender, UOr. Haiß, Reger, Kunkel, Demleutner, Mettenleiter,
Feder, der Generalstaatsanwalt Payr und als Gerichtsschreiber der Sekretär des Obersten
Landesgerichts Schein. —
gez. Osthelder.