98 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 12—15.)
nicht zufrieden: sie wollen nicht Concessionen von Fall zu Fall,
sondern Aufhebung der Maigesetze.
12. März. (Baden.) Die Prinzessin Victoria verlobt sich
mit dem Kronprinzen von Schweden und Norwegen.
12. März. (Schwarzburg-Sondershausen.) Landtag:
Der Fürst läßt demselben eine Vorlage betr. eine neue Regulirung
der Domänenerträge zugehen.
Die Domänen, hier Kammergut genannt, wurden von dem im vorigen
Jahr aus der Regierung geschiedenen Fürsten Günther im Jahr 1850 dem
Lande zur Verwaltung und Nutznießung gegen eine Civilliste von 360,000 M
überlassen, welche 1860 auf 450,000 M erhöht wurde. Der neuregierende
Fürst Karl Günther will nun dieses Rechtsverhältniß weiter bestehen lassen,
jedoch mit dem Vorbehalt der Kündigung für außerordentliche Fälle und bei
Erhöhung der Civilliste auf 500,000 M. Das Mehr von 50,000 M würde
ohne Steuererhöhung aus dem Kammerschuldentilgungsfonds und aus den
Renten der französischen Kriegsentschädigung gedeckt werden und der seither
mit 355,353 M sich beziffernde Antheil des Landes aus den Domänen nur
auf 331,781 M sich ermäßigen; der gesammte Reinertrag aus den Domänen
ist mit 532,000 M etatisirt. Daneben will der Fürst für den Fall des
Aussterbens des Mannsstammes der fürstlichen Familie eine jährliche Rente
von 300,000 M aus den Domänen für Kirchen- und Schulzwecke sichern.
Diese Vorschläge haben mancherlei gewichtige Bedenken gegen sich, so daß es
fraglich scheint, ob der Landtag die Vorlage annehmen werde. Vorerst wird
dieselbe in einer Commission, und zwar vertraulich, berathen.
14. März. (Württemberg.) I. Kammer: stimmt dem Be-
schlusse der II. Kammer, die Braumalzsteuer nur auf M 4,40 pro
Centner zu erhöhen, nicht bei, weil das Deficit damit nicht gedeckt
würde. Dagegen schließt sie sich der II. Kammer in dem Wunsche
nach Einführung des Tabakmonopols an.
14. März. (Hamburg) scheint nachgerade wenigstens die
Möglichkeit eines Zollanschlusses ins Auge fassen zu wollen, indem
der Senat vertrauliche Verhandlungen mit dem Reichskanzler darüber
anknüpft. Vorderhand sind dieselben indeß lediglich informatorischer
Natur.
15. März. (Deutsches Reich.) Beginn der Unterhand-
lungen mit Oesterreich-Ungarn in Berlin über den Abschluß eines
Handelsvertrags.
15. März. (Preußen.) Frhr. v. Mirbach, der Vorsitzende
der „Steuer- und Wirthschaftsreformer“ (Agrarier) fordert durch
ein vertrauliches Circular die früheren „Declaranten“ der Kreuzztg.
auf, den Reichskanzler „durch ein paar Zeilen“ thatsächlich um Ent-
schuldigung für den damaligen Schritt zu ersuchen und sich so mit
ihm auszusöhnen, da er doch die einzige Kraft sei, „von der die