4
ihnen die Rede sein kann. In diesem Sinne entschieden die Urteile des Gerichtshofs für
Kompetenzkonflikte vom 18. März und 2. Dezember 1880. Allein diese Auffassung hat
zunächst das praktische Bedenken gegen sich, daß das Gericht seine Ansicht über die Zulässigkeit
des Rechtswegs in der Regel erst durch das Urteil zum Ausdrucke bringt und, wenn das
Gericht der ersten Instanz die Zulässigkeit verneint hat, das Urteil des Berufungsgerichts
sie bejahen kann. Nach jener Ansicht wäre in einem solche Falle der Verwaltungsbehörde
die Möglichkeit, den Kompetenzkonflikt zu erheben, abgeschnitten, weil das Berufungsgericht
vor der Erlassung des Urteils die Zuständigkeit für den Rechtsstreit noch nicht in Anspruch
genommen hat, nach der Erlassung des Urteils aber, sofern dieses mit einem weiteren
Rechtsmittel nicht angefochten werden kann (§ 545 der Z.-P.-O.), wegen des sofortigen
Eintritts der Rechtskraft der Entscheidung nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes und Art. 8 Abs. 2 des Gesetzes vom 18. August 1879 die Erhebung des Kom-
petenzkonflikts nicht mehr möglich ist. Dies kann nicht wohl im Willen des Gesetzes liegen
und ist nach seiner richtigen Auslegung auch daraus nicht abzuleiten. Die den 817 Abs. 2
des Gerichtsverfassungsgesetzes bildenden Vorschriften waren in dem dem Reichstage vorge-
legten Entwurfe des Gesetzes nicht enthalten, sie verdanken ihre Entstehung der Kommission
des Reichstags. In dieser war unter anderem beantragt worden, vorzuschreiben, daß be-
sondere Behörden zur Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs nur zulässig sind,
soweit es sich um das Zuständigkeitsverhältnis zwischen den ordentlichen Gerichten und den
Verwaltungsbehörden handelt. Die Kommission nahm den Antrag mit einigen Aenderungen,
insbesondere unter Einschaltung der Worte „oder Verwaltungsgerichten“ hinter „Verwaltungs-
behörden", an. Auf den Vorschlag der Redaktionskommission erhielt die Vorschrift die
jetzige, im § 17 Abs. 2 des Gesetzes enthaltene Fassung. Daß mit dieser eine sachliche
Aenderung des ursprünglich angenommenen Antrags beabsichtigt war, ist nicht ersichtlich
(Hahn, Materialien zum Gerichtsverfassungsgesetz S. 661—691, 760—762, 1172—1194,
1655, 1656). Der Berichterstatter, Abgeordneter Miqucl bemerkte in dieser Beziehung
bei der zweiten Beratung des Entwurfes im Reichstage: „Die Einzelstaaten sollen auch
da, wo in concreto Streit über die Frage entsteht, ob eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit
nach ihrer partikularen Gesetzgebung vorliegt, diese Frage durch Kompetenzgerichtshöfe ent-
scheiden dürfen“ (Hahn a. a. O. S. 1188). Darnach wurde bei der Beratung des
Gesetzentwurfes nur angestrebt und Gewicht darauf gelegt, daß für Streitigkeiten über die
Zulässigkeit des Rechtswegs besondere Behörden zugelassen werden, aber nicht das Erfordernis
aufgestellt, daß sich hiebei das Gericht und die Verwaltung als die streitenden Teile gegen-
überstehen. Ein Streit über die Zulässigkeit des Rechtswegs muß nach dieser Auffassung
im Falle der Erhebung des Kompetenzkonflikts allerdings insofern bestehen, als einerseits
eine Partei durch die Angehung des Gerichts die gerichtliche Zuständigkeit in Anspruch ge-