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Beilage II zum Gesetz= und Verordnungsblatte für das Königreich Bayern vom Jahre 19037.
Erkenntnis des Gerichtshofes r Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Schwaben und Neuburg dem Landgerichte Neuburg a. D. gegenüber erhobenen Streite
über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von dem Lehrer und Mesner Ludwig Steinle in
Schwennenbach gegen den Söldner Leonhard Lorenz in Schwennenbach erhobenen Anspruch auf
Leistung sogenannter Kirchentrachten.
Im Namen Seiner Majestät des Königs von Bayern
erkennt der Gerichtshof für Kompetenzkonflikte in dem von der Regierung, Kammer des
Innern, von Schwaben und Neuburg dem Landgerichte Neuburg a. D. gegenüber erhobenen
Streite über die Zulässigkeit des Rechtswegs für den von dem Lehrer und Mesner Ludwig
Steinle in Schwennenbach gegen den Söldner Leonhard Lorenz in Schwennenbach er-
hobenen Anspruch auf Leistung sogenannter Kirchentrachten,
daß der Rechtsweg unzulässig ist.
Gründe.
Der Lehrer und Mesner Ludwig Steinle in Schwennenbach erwirkte im September 1901
bei dem Amtsgericht Höchstädt a. D. die Erlassung eines bedingten Zahlungsbefehls an
den Söldner Leonhard Lorenz in Schwennenbach, durch den diesem befohlen wurde 10,684
fällige sogenannte Kirchentrachten für die Jahre 1899, 1900 und 1901 an den Lehrer
zu zahlen. Der Schuldner erhob Widerspruch gegen den Anspruch. Zu Protokoll der
Gerichtsschreiberei des Amtsgerichts Höchstädt a. D. vom 26. Oktober 1901 gab hierauf
der Lehrer Steinle folgende Erklärung ab: „Nachdem der Beklagte gegen den zu Gunsten
meiner Forderung von 10,68 KKxK, sogenannte Kirchentrachten für die Jahre 1899, 1900
und 1901, die als Lasten auf dem Anwesen Nr. 42 in Schwennenbach ruhen, dessen
Besitzer der Beklagte ist, erlassenen Zahlungsbefehl Widerspruch erhoben hat, lade ich ihn
nach § 696 der Zivilprozeßordnung zur mündlichen Verhandlung über den Anspruch vor
das Amtsgericht Höchstädt a. D. zu dem von diesem anzuberaumenden Termine. In diesem
werde ich beantragen, das Amtsgericht wolle durch ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes
Urteil den Beklagten zur Zahlung von 10,68 — Hauptsache, zur Erstattung der Kosten
des Mahnverfahrens und zur Tragung der Streitkosten verurteilen“.
Bei der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht am 6. No-
vember 1901 trug der Kläger die Klage vor. Der Beklagte beantragte die Abweisung
* Ausgegeben zu München, den 16. Februar 1908.
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