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der Klage, weil er Lasten von der Art der vom Kläger geforderten nicht zu tragen habe.
Auf Grund der Verhandlung verurteilte das Gericht am nämlichen Tage durch ein „An-
erkenntnisurteil“ den Beklagten, die eingeklagten sogenannten Kirchentrachten zu 10,68 M.
an den Kläger zu zahlen und die Kosten des Rechtsstreites und des Mahnverfahrens zu
tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Die Entscheidung ist folgendermaßen begründet: Als unbestritten stehe fest, daß der
Kläger als Mesner in Schwennenbach vom Eigentümer des Anwesens Nr. 42 mehrere
Leistungen, sogenannte Kirchentrachten, zu beanspruchen hat, daß der Beklagte im Jahre 1899
durch Kauf Eigentümer des aus einem Wohnhause mit Nebengebäuden und Grundstücken
bestehenden Anwesens Nr. 42 geworden ist. Er verweigere aber die Zahlung der seitdem
fällig gewordenen, 10,68 —¾“ betragenden Leistungen. Der Kläger habe zwei Zeugnisse
der Gemeindeverwaltung von Schwennenbach vom 13. September 1857 über seine Be-
rechtigung zum Bezuge von Läutgarben und anderen „Naturalien“ von dem Anwesen Nr. 42
in Schwennenbach sowie einen Auszug aus dem Kaufvertrage vom 24. April 1899 vor-
gelegt, aus dem sich ergebe, daß der Beklagte bei dem Kaufe des Anwesens die auf diesem
ruhenden Lasten übernommen hat. Gegen diese Urkunden habe der Beklagte keinerlei Ein-
wendungen erhoben. Der Einwand des Beklagten, er sei zur Zahlung nicht verpflichtet,
weil die Lasten im Vertrage nicht ausdrücklich angeführt und bei dessen Schließung über-
haupt nicht erwähnt wurden, weil ferner der Verkäufer den Kirchenstuhl nicht ihm überlassen
habe, sondern noch selbst benütze, könne bei dem Sachverhalte, insbesondere der angeführten
Bestimmung des Vertrags nicht berücksichtigt werden; die Benützung der Kirchenstühle stehe
in keinem rechtlichen Zusammenhange mit dem Bezuge der Kirchentrachten.
Gegen dieses Urteil legte der Rechtsanwalt Justizrat Weigl namens des Beklagten
die Berufung zum Landgerichte Neuburg a. D. ein. In einem Schriftsatze vom 30. De-
zember 1901 begründete er das Rechtsmittel. Er bekämpfte zunächst die Annahme des
Amtsgerichts, daß ein „Anerkenntnisurteil“ im Sinne des § 307 der Ziodilprozeßordnung
erlassen werden könne, und führte im übrigen folgendes aus: Allerdings beziehe der Kläger
als Mesner mehrere sogenannte Kirchentrachten von einigen Mitgliedern der Kirchengemeinde.
In der Klage sei aber weder angegeben, worin die verlangten Kirchentrachten bestehen, noch
der Grund des erhobenen Anspruchs (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 der Zivilprozeßordnung). Die
Klage hätte deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden sollen. Die Frage, ob die An-
gehörigen einer Pfarrei dem Pfarrer oder dem Mesner Kirchentrachten zu leisten haben, seie
öffentlichrechtlicher Natur; sie entziehe sich daher der Zuständigkeit der Gerichte. Der
Kläger habe nach der Sachlage einen Privatrechtstitel für seine Ansprüche weder behaupten
wollen noch behaupten können; die Klage hätte deshalb auch wegen der Unzulässigkeit des
Rechtswegs abgewiesen werden sollen, da die Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen sei.