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das Kriegsministerium jedenfalls nicht Aenderungen grundsätzlicher Natur an der Remontierungs-
ordnung vornehmen und damit ein wohlerworbenes Recht beseitigen.
Das Oberlandesgericht München hat durch das Urteil vom 22. November 1901 die
Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückgewiesen und die Sache zur weiteren Ver-
handlung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Entscheidung ist auf folgende Erwägungen
gestützt: Die Berufsoffiziere seien in Bayern nichtpragmatische Staatsdiener. Die Ansicht,
daß der Dienstvertrag der Staatsdiener ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur sei, werde
allerdings in der Theorie vertreten. Namhafte Staatsrechtslehrer betonten aber, daß das
Staatsdienerverhältnis ein gemischtes, teils öffentlichrechtliches teils privatrechtliches ist und
daß insbesondere die vermögensrechtlichen Ansprüche der Staatsdiener auf der privatrechtlichen
Seite liegen. Diese Ansicht werde in dem Urteile des Reichsgerichts vom 14. April 1884
(Entscheidungen in Zivilsachen Bd. XII S. 72) als die richtige bezeichnet. Das Berufungs-
gericht dürfe ihr um so mehr beitreten, als auch die Reichsgesetzgebung bei Erlassung des
Reichsbeamtengesetzes für vermögensrechtliche Ansprüche der Reichsbeamten den Rechtsweg für
zulässig erklärte (§ 149 des Gesetzes) und diese Bestimmung nach der Begründung der
88 141 bis 145 des Entwurfes (Sten. Ber. des Reichstags III. Session 1872 S. 78)
traf, nicht um den Beamten den Rechtsweg zu eröffnen, sondern um durch eine ausdrückliche
Bestimmung jeden Zweifel darüber auszuschließen, daß der Rechtsweg den Beamten an sich
offen steht. Die Gehalts= und Besoldungsansprüche sämtlicher Staatsdiener seien also —
auch in Bayern — privatrechtlicher Natur, obgleich sie auf Grund des Dienstvertrags gegen
den Fiskus geltend gemacht werden. Auch in diesen Privatrechtsstreitigkeiten müsse der
Fiskus in Bayern nach § 5 Tit. VIII der Verfassungsurkunde vor den ordentlichen Ge-
richten Recht nehmen. Vorschriften, die solche bürgerliche Rechtsstreitigkeiten der nicht-
pragmatischen Staatsdiener im Sinne des § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes anderen
Stellen zur Entscheidung überweisen, bestünden in Bayern weder für Beamte noch für
Offiziere. Zwar sei früher in oberstrichterlichen Entscheidungen die Anschauung vertreten
worden, daß der § 29 der IX. Beilage zur Verfassungsurkunde nur den pragmatischen
Zivilstaatsdienern den Rechtsweg gegen den Fiskus eröffne, anderen Staatsdienern aber die
Befugnis, vor den bürgerlichen Gerichten gegen den Fiskus zu klagen, entziehe; allein diese
Anschauung beruhe auf einer rechtsirrtümlichen Auslegung. Der § 29 wolle nicht den
nichtpragmatischen Staatsdienern das Klagerecht nehmen — er würde sonst mit dem 8 5
Tit. VIII der Verfassungsurkunde in Widerspruch treten —, sondern er wolle, wie schon
Seuffert in seinem Kommentare zur Bayerischen Gerichtsordnung Bd. I S. 211, 212
Note 207, 208 zutreffend hervorhebe, den pragmatischen Beamten einen weiter gehenden
Schutz als anderen Staatsdienern dadurch gewähren, daß er auch die Frage, ob der Beamte
in gesetzlicher Weise entlassen wurde, der richterlichen Prüfung unterstellt. Die Rechte-