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anschauung, daß nichtpragmatische Staatsdiener aus dem Dienstvertrage nicht klagen könnten,
sei übrigens in neueren Entscheidungen nicht aufrecht erhalten worden; sie werde ohne Zweifel
auch von der bayerischen Staatsregierung nicht geteilt, da in der Begründung des Art. 25
des Entwurfes des Ausführungsgesetzes zum Reichs-Gerichtsverfassungsgesetze (Verh. der
Kammer der Abgeordneten 1878 Beil.-Bd. V S. 134) bezüglich der Ansprüche der Staats-
beamten gegen den Staat aus ihrem Dienstverhältnisse, die den Landgerichten ausschließlich
zugewiesen wurden, bemerkt ist, daß der Begriff des Staatsbeamten an dieser Stelle alle
diejenigen Personen umfasse, welche — gleichviel ob mit oder ohne Staatsdienereigenschaft,
gleichviel ob sie dem Zivil= oder dem Militärdienst angehören — im Dienstverhältnisse zum
Staate stehen. Wenn auch bei dem Art. 25 (Art. 26 des Gesetzes) selbstverständlich nur
von Ansprüchen die Rede sei, die an sich Zivilprozeßsachen und bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
sind, so würde doch die Begründung des Entwurfes nicht Ansprüche nichtpragmatischer
Staatsdiener und Offiziere als unter die fragliche Vorschrift fallend aufzählen, wenn sie
nicht bei den bürgerlichen Gerichten eingeklagt werden dürften. Auch für die Offiziere
bestehe in Bayern keine gesetzliche Vorschrift, die ihnen für Gehaltsansprüche den Rechtsweg
verschließt. In Preußen sei ihnen allerdings durch die für sie noch in Geltung befindliche
Kabinettsordre vom 7. Juli 1830 der Rechtsweg ausdrücklich versagt. In Bayern aber
habe nach Vorgang des § 7 Tit. IX der Verfassungsurkunde und der Verordnung vom
11. Juni 1816, die in Zivilsachen gegen Militärpersonen anzuwendenden Gesetze betreffend,
der Rechtsgrundsatz gegolten, daß die Militärpersonen bezüglich ihrer privatrechtlichen Ver-
hältnisse nach den sonst im Lande geltenden Zivilgesetzen beurteilt werden und daß sie bei
den bürgerlichen Gerichten als Kläger auftreten und verklagt werden können gleich den
Nichtmilitärs. Ein Gewohnheitsrecht des Inhalts, daß nichtpragmatische Staatsdiener im
allgemeinen oder Offiziere im besonderen Ansprüche aus dem Dienstvertrage gegen den Fiskus
nicht auf dem Ziovilrechtswege geltend machen könnten, habe sich bei dem Mangel einer
gleichartigen Uebung und der Uebereinstimmung der Beteiligten in Bayern nicht gebildet
und, da ein derartiger Rechtsgrundsatz das Gerichtsverfassungsrecht betreffen und gegen den
§ „fTeit. VIII der Verfassungsurkunde verstoßen würde, nach § 7 Tit. X nicht bilden
können. Das Berufungsgericht sei daher der Anschauung, daß für den in der Klage geltend
gemachten Anspruch der Rechtsweg zulässig wäre, auch wenn er ein Bestandteil des Gehalts-
anspruchs wäre. In dieser Beziehung sei aber die Behauptung des Klägers, daß der
Klaganspruch zum Diensteinkommen gehöre, für das Gericht nicht maßgebend. Bei der
Prüfung der Zulässigkeit des Rechtswegs komme es auf das Wesen des behaupteten Rechtes,
nicht auf die Eigenschaft an, die der Kläger ihm beilegt. Der Anspruch des Klägers hänge
mit dem Dienstvertrage nur äußerlich zusammen, in Wirklichkeit entstamme er einem Rechts-
boden, auf dem sich der Kläger und der Beklagte als Privatrechtssubjekte gegenüberstehen.