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daß die Gemeinde Bischofswiesen als Gemeindekrankenversicherung für die Kurkosten des
Lorenz Ponn nicht aufzukommen hat, hat sie sich an die Zivilgerichte mit ihren Entschädigungs-
ansprüchen gegen die Erben des Verpflegten zu wenden, während anderseits der Prozeß vor
den Zivilgerichten ausfällt, wenn durch den Verwaltungsgerichtshof rechtskräftig die Verpflichtung
der Gemeinde Bischofswiesen zur Tragung der Kurkosten ausgesprochen ist. Es war daher
zu erkennen, daß dermalen die zum Zidilgerichte gestellte Klage unzulässig ist, und von Aus-
setzung der Verhandlung nach § 148 der Zivilprozeßordnung abzusehen, weil der Rechtsweg
bei den Zivilgerichten in Ansehung der dermaligen Rechtslage von vorgängiger Einholung einer
rechtskräftigen Verwaltungsgerichtsentscheidung bedingt ist, so daß er überhaupt nicht statt-
findet, wenn durch letztere die Verpflichtung der Gemeinde Bischofswiesen zur Tragung der
Kurkosten als Gemeindekrankenversicherung festgestellt ist.
Eine Zustellung des amtsgerichtlichen Urteils wurde vorerst nicht betätigt, vielmehr
suchte die Gemeinde Bischofswiesen ihren Anspruch im Verwaltungswege geltend zu machen.
Auf ihren Antrag erließ das Bezirksamt Berchtesgaden am 6. Dezember 1902 einen Beschluß,
durch den es die Erben des Lorenz Ponn: Marie Ponn, Johann Ponn, Kaspar Ponn,
Marie Schwaiger, Therese Votz, und an Stelle des am 16. Oktober 1901 verstorbenen
Joseph Ponn dessen Erben, nämlich die Witwe Katharine Ponn und die Kinder Joseph,
Katharine, Peter und Anna Ponn, für verpflichtet erkärte, nach Maßgabe ihrer Erbteile,
zu je einem Sechsteile, die für die Verpflegung des Lorenz Ponn im Distriktskrankenhause
Berchtesgaden erwachsenen Kosten zu 141 Mark 94 Pfennig der Gemeinde Bischofswiesen
zu erstatten. Die Entscheidung des Bezirksamts beruht im wesentlichen auf nachstehenden
Erwägungen: Streitgegenstand ist der Anspruch der Gemeinde Bischofswiesen gegen die Erben
des Lorenz Ponn auf Erstattung der für die Kur und Verpflegung desselben im Kranken-
haus Berchtesgaden erwachsenen Kosten. Für die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden
ist maßgebend, ob dieser Anspruch ein öffentlich rechtlicher ist oder nicht. Entscheidend hiefür
ist die behauptete Natur des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses. Bei der Länge der
Zeit ist eine genaue Feststellung, aus welchem Grunde die Gemeinde Bischofswiesen gezahlt
hat, nicht mehr möglich. Die Art und Weise, wie die Gemeinde die Verhandlungen geführt
hat, läßt jedoch den Schluß zu, daß sie von der Ansicht ausging, der Arbeitgeber sei zur
An= und Abmeldung der Arbeiter verpflichtet und habe, auch wenn mangels statutarischer
Ausdehnung das Reichskrankenversicherungsgesetz nicht gelte, bei schuldhafter Unterlassung der
Meldung für die im Unterstützungsfall entstandenen Kosten aufzukommen. Die Gemeinde
war bei der Zahlung der Meinung, damit eine öffentlichrechtliche Schuld zu tilgen, wofür
ihr dann, wie im Falle des § 50 des Krankenversicherungsgesetzes, Regreß gegen den Arbeit-
geber zustehe. Die behauptete Natur des Rechtsverhältnisses ist demnach eine öffentlichrechtliche
und folgt daraus die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde unter Anwendung des zweiten
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